Sie als Käufer könnten dann einen Anspruch auf Aufwendungsersatz gegen den Verkäufer haben, wenn insbesondere die nachfolgenden sieben Voraussetzungen erfüllt sind.
Voraussetzung Nr. 1: Wirksamer Kaufvertrag
Zunächst einmal muss ein wirksamer Kaufvertrag zwischen Ihnen und dem Verkäufer bestehen.
Ein Kaufvertrag ist ein Vertrag, durch den der Verkäufer dazu verpflichtet wird, Ihnen den Kaufgegenstand zu übergeben und das Eigentum daran zu übertragen. Sie als Käufer werden durch den Kaufvertrag dazu verpflichtet, den Kaufpreis zu zahlen und den Kaufgegenstand abzunehmen (§ 433 BGB).
Wenn Sie vom Verkäufer Aufwendungsersatz verlangen und der Verkäufer in einem Gerichtverfahren Ihre Behauptung, Sie hätten den Kaufgegenstand von ihm gekauft, bestreitet, ist es grundsätzlich Ihre Aufgabe, den Abschluss des Kaufvertrages zu beweisen. Schon aus diesem Grund ist es immer sinnvoll, einen Kaufvertrag schriftlich und nicht nur mündlich abzuschließen bzw. den Kassenbon gut aufzubewahren.
Wer sind Käufer und Verkäufer?
Sie sind dann Käufer, wenn Sie den Kaufvertrag persönlich für sich selbst abgeschlossen haben oder wenn Sie wirksam vertreten worden sind durch einen Stellvertreter (§§ 164 ff. BGB). Verkäufer ist derjenige, der den Kaufvertrag persönlich für sich selbst abgeschlossen hat oder wirksam vertreten worden ist durch einen Stellvertreter (§§ 164 ff. BGB). Kaufen Sie zum Beispiel im Elektrofachmarkt "Super-Elektro GmbH" eine Waschmaschine, so ist Verkäufer nicht der Kassierer, sondern die Super-Elektro GmbH. Denn der Kassierer schloss den Kaufvertrag mit Ihnen nicht für sich selbst als Verkäufer, sondern für die Super-Elektro GmbH.
Was sind Gründe für einen unwirksamen Kaufvertrag?
Ein Kaufvertrag ist zum Beispiel dann nicht wirksam, wenn…
…Sie oder der Verkäufer bei Abschluss des Kaufvertrages nicht geschäftsfähig waren.
Beispiel 1: Ein sechs Jahre altes Kind möchte Ihnen sein prallgefülltes Sparschwein für 2 EUR verkaufen. Ein entsprechender Kaufvertrag wäre gemäß § 105 Abs.1 i.V.m. § 104 Nr.1 BGB unwirksam. Denn bei Abschluss des Kaufvertrages wäre der Verkäufer geschäftsunfähig.
Beispiel 2: Auf einer Feier möchte Ihnen ein sturzbetrunkener Gast sein Auto für 15.000 EUR verkaufen. Ein entsprechender Kaufvertrag wäre gemäß § 105 Abs.2 BGB unwirksam. Denn bei Abschluss des Kaufvertrages befände sich der Verkäufer "im Zustand vorübergehender Störung der Geistestätigkeit".
…gegen eine zwingende Formvorschrift verstoßen wurde.
Beispiel: Sie und Ihr Nachbar schließen einen schriftlichen Kaufvertrag mit dem Inhalt, dass Sie für 450.000 EUR sein Grundstück mit Haus kaufen. Der Kaufvertrag ist grundsätzlich gemäß § 125 S.1 i.V.m. § 311 b Abs.1 S.1 BGB unwirksam. Denn der Kaufvertrag hätte von einem Notar beurkundet werden müssen.
Wer muss die Wirksamkeit des Kaufvertrages beweisen?
In einem Gerichtsverfahren, in dem Sie Aufwendungsersatz vom Verkäufer verlangen, brauchen Sie nicht beweisen, dass der Kaufvertrag wirksam ist. Sofern der Verkäufer die Unwirksamkeit behauptet und Sie dies bestreiten, ist es grundsätzlich die Aufgabe des Verkäufers, dies zu beweisen.
Voraussetzung Nr. 2: Mangel beim Kaufgegenstand schon in einem bestimmten Zeitpunkt
Zudem muss der Kaufgegenstand schon in einem bestimmten Zeitpunkt einen Mangel haben. In Betracht kommen ein "Sachmangel" bzw. ein "Rechtsmangel". Welche Art von Mangel vorliegt, ist wegen derselben rechtlichen Folgen im Ergebnis egal.
Was ist ein Sachmangel und wann muss dieser vorliegen?
Anstatt "Sachmangel" sagt man im Alltag zum Beispiel "Das Auto ist kaputt / beschädigt / defekt". Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wann ein Sachmangel vorliegt. Geregelt ist dies in § 434 BGB. Die Unterscheidung zwischen den verschiedenen Möglichkeiten ist nicht immer einfach. Da ein Sachmangel aber schon dann vorliegt, wenn eine der verschiedenen Möglichkeiten gegeben ist, ist es im Ergebnis egal, um welche der verschiedenen Möglichkeiten es sich handelt.
Welche Beispiele gibt es für einen Sachmangel?
Beispiele für einen Sachmangel sind:
Die Höchstgeschwindigkeit des KFZ beträgt nur 180 km/h, obwohl im Kaufvertrag 220 km/h vereinbart wurden. Ein Sachmangel liegt vor, da der Kaufgegenstand nicht die im Kaufvertrag vereinbarte Beschaffenheit hat (§ 434 Abs.1 S.1 BGB).
Mit dem KFZ kann man nicht durch die Wüste fahren, obwohl genau dies im Kaufvertrag vorausgesetzt wird. Ein Sachmangel liegt vor, da der Kaufgegenstand sich nicht für die im Kaufvertrag vorausgesetzte besondere Verwendung eignet (§ 434 Abs.1 S.2 Nr.1 BGB).
Mit dem Geländewagen kann man nicht im Gelände fahren. Ein Sachmangel liegt vor, da sich der Kaufgegenstand nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet (§ 434 Abs.1 S.2 Nr.2, 1. Alt. BGB). Ein Geländewagen muss nämlich gerade auch im Gelände fahren können. Ein solcher Sachmangel liegt aber nicht vor, wenn man mit dem Kleinwagen nicht im Gelände fahren kann. Denn ein Kleinwagen eignet sich gewöhnlich nicht zum Fahren im Gelände.
Der Verkäufer verkauft Ihnen ein zwei Monate altes KFZ für 35.000 EUR. Das KFZ hat Roststellen und die Scheibenwischer sind stark abgenutzt. Ein Sachmangel liegt vor, da der Kaufgegenstand nicht die Beschaffenheit aufweist, die bei Kaufgegenständen der gleichen Art üblich ist und die Sie nach der Art des Kaufgegenstandes erwarten dürfen (§ 434 Abs.1 S.2 Nr.2, 2. Alt. BGB). Diese Art von Mangel kommt im Alltag übrigens am häufigsten vor. Ein solcher Sachmangel liegt aber nicht vor, wenn der Verkäufer Ihnen ein 25 Jahre altes KFZ für 250 EUR verkauft. Denn bei einem solchen KFZ und einem solchen Kaufpreis sind Roststellen und stark abgenutzte Scheibenwischer durchaus üblich und nicht anders zu erwarten. Hinweis: Ihre berechtigte Erwartungshaltung kann sich auch aus öffentlichen Äußerungen insbesondere des Verkäufers oder Herstellers (insbesondere in der Werbung) ergeben (§ 434 Abs.1 S.3 BGB).
Wann muss ein Sachmangel vorliegen?
Ob Sie gegen den Verkäufer einen Anspruch auf Aufwendungsersatz haben könnten, hängt entscheidend davon ab, wann der Sachmangel entstanden ist.
Grundsatz: Entscheidend ist der Zeitpunkt der Übergabe an Sie
Damit Sie wegen des Sachmangels gegen den Verkäufer einen Anspruch auf Aufwendungsersatz haben könnten, kommt es grundsätzlich darauf an, ob der Kaufgegenstand den Sachmangel schon in dem Zeitpunkt hat, als Ihnen der Kaufgegenstand zum Behalten übergeben wurde. Dies ergibt sich aus § 446 S.1 BGB.
Beispiel: Das Licht bei dem gekauften Fahrrad war schon kaputt, als der Verkäufer Ihnen das Fahrrad im Fahrradgeschäft zum Behalten übergab. Wegen des kaputten Lichts könnte Ihnen gegen den Verkäufer ein Anspruch auf Aufwendungsersatz zustehen.
Entsteht der Sachmangel erst nach dem Zeitpunkt der Übergabe an Sie, haben Sie wegen dieses Sachmangels gegen den Verkäufer keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz. Denn nach diesem Zeitpunkt liegt es in Ihrem Risikobereich, ob ein Sachmangel entsteht (§ 446 S.1 BGB).
Beispiel: Den gekauften hochwertigen Spiegelschrank erhalten Sie vom Verkäufer in einem mangelfreien Zustand. Leider fällt Ihnen der Spiegelschrank bei dem Versuch, diesen in Ihrem Badezimmer aufzuhängen, auf den Boden. Dadurch wird der Spiegelschrank beschädigt. Selbstverständlich haben Sie wegen dieser Beschädigung keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz. Denn als Sie den Spiegelschrank erhielten, war dieser in Ordnung.
Welche Ausnahmen gibt es von diesem Grundsatz?
Es gibt jedoch einige Ausnahmen, in denen Sie keinen Anspruch gegen den Verkäufer auf Aufwendungsersatz haben, obwohl der Kaufgegenstand den Sachmangel schon in dem Zeitpunkt der Übergabe an Sie hat. Dies kann zum Beispiel dann der Fall sein, wenn der Sachmangel während Ihres "Annahmeverzugs" (Ausnahme 1) entstanden ist. Zudem könnte dies bei einem sogenannten "Versendungskauf" so sein (Ausnahme 2).
Ausnahme 1 - Annahmeverzug
Sofern Sie den Kaufgegenstand zu einem vereinbarten Zeitpunkt abholen müssen und auch können, dies aber nicht tun, befinden Sie sich im sogenannten "Annahmeverzug". Dieser ist in §§ 293 ff. BGB geregelt.
Hat der Kaufgegenstand den Sachmangel zwar in dem Zeitpunkt, in dem er Ihnen vom Verkäufer zum Behalten übergeben wurde, ist der Sachmangel aber bereits davor während Ihres Annahmeverzugs entstanden, so haben Sie gegen den Verkäufer grundsätzlich keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz. Dies ergibt sich aus § 446 S.3 BGB. Einen Anspruch auf Aufwendungsersatz könnten Sie grundsätzlich nur dann haben, wenn der Sachmangel schon bei Beginn Ihres Annahmeverzugs vorlag. Ausnahmsweise könnte Ihnen ein solcher Anspruch aber wohl auch dann zustehen, wenn der Sachmangel zwar während Ihres Annahmeverzuges entstanden ist, der Sachmangel aber auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit des Verkäufers beruht. Dafür spricht § 300 Abs.1 BGB.
Beispiel: Sie kaufen beim Verkäufer einen hochwertigen Spiegelschrank. Es wird vereinbart, dass Sie diesen am kommenden Freitag um 16 Uhr bei ihm in seinem Geschäft abholen, da der Verkäufer danach für zwei Wochen im Urlaub und sein Geschäft geschlossen sein wird. Entgegen der ausdrücklichen Absprache kommen Sie nicht zum vereinbarten Termin, weil Sie nicht rechtzeitig daran gedacht haben. Aufgrund eines vom Verkäufer nicht verschuldeten Kurzschlusses bricht in seinem Geschäft während seines Urlaubs ein Feuer aus. Dabei wird der Spiegelschrank beschädigt. Trotz dieser Beschädigung haben Sie gegen den Verkäufer keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz. Denn in dem Zeitpunkt, in dem Sie den Spiegelschrank hätten abholen müssen und können, war dieser in Ordnung. Der Sachmangel ist nämlich während Ihres Annahmeverzugs entstanden. Anders könnte es aber dann sein, wenn der Kurzschluss durch den Verkäufer grob fahrlässig herbeigeführt wurde.
Beispiel: Das Licht bei dem gekauften Fahrrad war schon kaputt vor dem Zeitpunkt, in dem Sie das Fahrrad aufgrund einer ausdrücklichen Absprache mit dem Verkäufer bei ihm hätten abholen müssen und können. Wegen des kaputten Lichts könnte Ihnen gegen den Verkäufer ein Anspruch auf Aufwendungsersatz zustehen. Zwar befanden Sie sich im Annahmeverzug. Der Sachmangel ist aber nicht währenddessen entstanden.
Ausnahme 2 - Sachmangel entsteht bei einem Versendungskauf auf dem Versandweg
Für den Fall, dass der Sachmangel bei einem Versendungskauf auf dem Versandweg entsteht, regelt § 447 Abs.1 BGB, ob Ihnen gegen den Verkäufer ein Anspruch auf Aufwendungsersatz zusteht. Die Vorschrift des § 447 Abs.1 BGB ist gut für den Verkäufer und schlecht für Sie als Käufer. Denn falls die Vorschrift anwendbar ist und ihre Voraussetzungen vorliegen, haben Sie keinen Anspruch gegen den Verkäufer auf Aufwendungsersatz. Ob § 447 BGB anwendbar ist, hängt im Alltag meistens davon ab, ob Sie den Kaufgegenstand im Rahmen eines sogenannten "Verbrauchsgüterkaufs" kauften oder nicht.
Situation 1: Verbrauchsgüterkauf
Was ist der Grundsatz?
Bei einem Verbrauchsgüterkauf (dieser ist geregelt in § 474 Abs.1 S.1 BGB) ist § 447 BGB in aller Regel nicht anwendbar (gut für Sie!). Dies bestimmt § 475 Abs.2 BGB. Bei einem Verbrauchsgüterkauf kommt es daher normalerweise nur darauf an, ob der Kaufgegenstand bei seiner Übergabe an Sie einen Sachmangel hat. Ob der Sachmangel auf dem Versandweg entstanden ist, ist insofern egal.
Was ist ein Verbrauchsgüterkauf?
Ein Verbrauchsgüterkauf liegt vor, wenn Sie als Verbraucher (§ 13 BGB) von einem Unternehmer (§ 14 BGB) einen "beweglichen" Kaufgegenstand (zum Beispiel KFZ, Boot, Yacht, Kanu, Winterreifen, Fahrrad, Einbauküche, Flachbildfernseher, Spiegelschrank, Kleiderschrank, Sofa, Pferd, Jackrussel Terrier etc., nicht aber insbesondere ein Grundstück) kaufen. Ob der Unternehmer zusätzlich eine Dienstleistung erbringen muss wie zum Beispiel die Montage des gekauften Wandregals, ändert daran nichts (§ 474 Abs.1 S.2 BGB).
Beispiel: Sie kaufen für Ihren Privatgebrauch bei der Computerfachmarkt XYZ GmbH über deren Internetseite einen Laptop. Im Kaufvertrag ist standartmäßig vereinbart, dass der Laptop zu Ihnen nach Hause geschickt wird. Die Verkäuferin (dies ist die Computerfachmarkt XYZ GmbH) schickt Ihnen den Laptop über einen Paketlieferdienst zu. Als Sie das Paket entgegennehmen und öffnen stellen Sie fest, dass der Bildschirm des Laptops beschädigt ist. Wegen des beschädigten Bildschirms könnte Ihnen gegen den Verkäufer ein Anspruch auf Aufwendungsersatz zustehen. Darauf, ob der Bildschirm auf dem Versandweg beschädigt wurde oder schon vorher kaputt war, kommt es nicht an. Entscheidend ist hier allein, dass der Laptop (schon) bei der Übergabe an Sie beschädigt ist. Da der Laptop ein "beweglicher" Kaufgegenstand ist und Sie diesen als Verbraucher von einem Unternehmer kauften, liegt ein Verbrauchsgüterkauf vor. § 447 BGB ist gemäß § 475 Abs.2 BGB nicht anwendbar, da die dort geregelte (im Alltag fast nie vorkommende) Ausnahme nicht vorliegt.
Was ist, wenn vertraglich etwas anderes vereinbart wurde?
Bei einem Verbrauchsgüterkauf ist bezüglich einer - für Sie schlechten - Regelung, wonach § 447 Abs.1 BGB doch anwendbar ist (bzw. § 475 Abs.2 BGB nicht gilt), § 476 Abs. 3 BGB zu beachten. § 476 Abs.1 BGB steht einer solchen Regelung im Kaufvertrag wohl dann nicht entgegen, wenn sich die Regelung ausdrücklich nur auf Ihre Ansprüche als Käufer auf Aufwendungsersatz oder Aufwendungsersatz und Schadensersatz bezieht. Denn gemäß § 476 Abs.3 BGB gilt § 476 Abs.1 BGB - wohl insgesamt - nicht für Ansprüche des Käufers auf Aufwendungsersatz (und Schadensersatz).
Beispiele:
"Im Hinblick auf Ansprüche des Käufers auf Aufwendungsersatz gilt § 447 Abs.1 BGB."
"Im Hinblick auf Ansprüche des Käufers auf Schadensersatz und Aufwendungsersatz gilt § 447 Abs.1 BGB."
"§ 475 Abs.2 BGB gilt nicht für Ansprüche des Käufers auf Aufwendungsersatz."
"§ 475 Abs.2 BGB gilt nicht für Ansprüche des Käufers auf Schadensersatz und Aufwendungsersatz."
Sofern eine solche Regelung im Kaufvertrag aber nicht den einschränkenden Zusatz "Ansprüche des Käufers auf Aufwendungsersatz" oder "Ansprüche des Käufers auf Schadensersatz und Aufwendungsersatz" enthält (und sie sich damit insbesondere auch auf Ansprüche auf eine Reparatur bzw. einen Ersatz sowie das Recht zum Rücktritt bzw. zur Minderung bezieht), so gilt bei einem Verbrauchsgüterkauf wohl Folgendes:
Sofern es sich bei der Regelung um eine AGB handelt, ist sie in der Regel insgesamt gemäß § 476 Abs.1, 3 BGB unwirksam (wichtig: nicht aber automatisch auch die anderen AGBs). Der Verkäufer hat dann schon aus diesem Grund seine rechtliche Gestaltungsmöglichkeit, den "entscheidenden Zeitpunkt" zu Ihrem Nachteil vorzuverlegen, nicht genutzt (gut für Sie).
Sofern die Regelung individuell vereinbart wurde, dürfte unter Juristen streitig sein, ob sich der Verkäufer insgesamt nicht darauf berufen kann (gut für Sie) oder ob er sich doch bezüglich Ihres Anspruchs auf Aufwendungsersatz (aber auch nur darauf) auf sie berufen kann (schlecht für Sie).
§ 476 Abs.1 BGB steht einer solchen Regelung - egal ob als AGB oder individuell vereinbart - aber dann nicht entgegen, wenn diese getroffen wurde, nachdem Sie den Verkäufer über den Mangel informierten bzw. Sie von ihm über den Mangel informiert wurden (zum Beispiel im Rahmen eines Vergleichs zwischen Ihnen und dem Verkäufer).
Situation 2: Kein Verbrauchsgüterkauf
Liegt kein Verbrauchsgüterkauf vor (insbesondere bei einem Kauf von Privat), ist § 447 Abs.1 BGB grundsätzlich anwendbar. Ob seine Voraussetzungen jedoch auch vorliegen, kommt immer auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalles an.
Beispiel: Sie kaufen für Ihren Privatgebrauch beim Privatmann (Verkäufer) über www.ebay.de seinen Laptop. Der Verkäufer beauftragt wie vereinbart einen Paketlieferdienst mit dem Versand und übergibt diesem dazu den Laptop. Als Sie das Paket öffnen, stellen Sie fest, dass der Bildschirm des Laptops beschädigt ist.
Beschädigung schon vor dem Versand
War der Bildschirm schon vor der Übergabe an den Paketlieferdienst beschädigt, könnte Ihnen gegen den Verkäufer ein Anspruch auf Aufwendungsersatz zustehen. Denn die Voraussetzung des § 447 Abs.1 BGB, dass der Sachmangel auf dem Versandweg entstanden ist, liegt nicht vor.
Beschädigung auf dem Versandweg ohne Schuld des Verkäufers
War der Bildschirm zunächst nicht beschädigt, als der Verkäufer den Laptop gut verpackt an einen zuverlässigen Paketlieferdienst übergab, sondern wurde der Bildschirm erst aufgrund eines vom Verkäufer unverschuldeten Unfalls auf dem Versandweg zu Ihnen beschädigt, haben Sie gegen den Verkäufer keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz. Die Voraussetzungen des § 447 Abs.1 BGB liegen vor. Der Verkäufer war im Rahmen eines "Versendungskaufs" (Landgericht Berlin, Urteil vom 01.10.2003, Aktenzeichen 18 O 117/03) zum Versenden des Laptops an Sie verpflichtet. Der Verkäufer verpackte den Laptop ordnungsgemäß und wählte einen zuverlässigen Paketlieferdienst aus. Als der Verkäufer den Laptop gut verpackt an den Paketlieferdienst übergab, war der Laptop mangelfrei. Es hat sich eine typische Gefahr beim Versand, für die der Verkäufer keine Schuld hat, realisiert.
Beschädigung auf dem Versandweg wegen schlechter Verpackung
Wurde der Bildschirm des Laptops beschädigt, weil der Verkäufer den Laptop vor der Übergabe an den Paketlieferdienst schlecht verpackt hatte, könnte Ihnen gegen den Verkäufer ein Anspruch auf Aufwendungsersatz zustehen. Die Voraussetzungen des § 447 Abs.1 BGB liegen nicht vor. Der Verkäufer hat den Kaufgegenstand nicht ordnungsgemäß verpackt, bevor er diesen an die Versandperson übergab. Der Verkäufer hat Schuld für den Sachmangel.
Wer muss was beweisen im Hinblick auf den Sachmangel?
Bei der Frage danach, wer in einem Gerichtsverfahren beweispflichtig ist im Hinblick auf den Sachmangel, kann man unterscheiden zwischen allgemeinen Grundsätzen, Besonderheiten beim Verbrauchsgüterkauf und Besonderheiten beim Versendungskauf.
Allgemeine Grundsätze
Vor Gericht ist es grundsätzlich Ihre Aufgabe zu behaupten und - sofern der Verkäufer dies bestreitet - auch zu beweisen, dass (1) der Kaufgegenstand einen Sachmangel hat und zwar (2) bereits im entscheidenden Zeitpunkt. Einen Sachmangel können Sie - sofern dieser mit dem bloßen Auge erkannt werden kann - grundsätzlich insbesondere mit dem Kaufgegenstand selbst oder mittels Fotos beweisen (§§ 371 ff. ZPO). Ansonsten bedarf es gegebenenfalls eines Gutachtens vom gerichtlich ausgewählten Sachverständigen (§§ 402 ff. ZPO).
Besonderheiten beim Verbrauchsgüterkauf
Für Sie als Käufer ist die Tatsache (2) oft schwierig oder kaum möglich zu beweisen. Daher hat der Gesetzgeber in § 477 BGB zugunsten von Verbrauchern im Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufs (siehe oben) eine sogenannte "Beweislastumkehr" geregelt. Zeigt sich innerhalb von 6 Monaten seit der Übergabe bzw. Ihrem Annahmeverzug ein Sachmangel, so wird grundsätzlich vermutet, dass dieser Sachmangel schon in diesem entscheidenden Zeitpunkt vorgelegen hat bzw. dass der Sachmangel auf einem anderen, schon in diesem Zeitpunkt vorhandenen Sachmangel beruht, ohne dass Sie dies beweisen müssen (Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.10.2016, Aktenzeichen VIII ZR 103/15). Wenn Sie vor Gericht behaupten, (1) der Kaufgegenstand habe einen Sachmangel und (B) dieser Sachmangel habe sich innerhalb der 6 Monate gezeigt und der Verkäufer diese beiden Tatsachen bestreitet, wäre es grundsätzlich nur Ihre Aufgabe als Käufer, diese beiden Tatsachen (1 und B) zu beweisen.
Welche Beispiele gibt es?
Sie haben beim Elektrofachmarkt "Super-Elektro GmbH" für Ihren Privatgebrauch einen nagelneuen Laptop und eine Laptop Mouse gekauft. Nachdem Sie den Laptop einige Tage benutzt haben, lässt sich der Laptop nicht mehr starten, weil der Akku des Laptops defekt ist. Da der Verkäufer trotz Fristsetzung nicht dazu bereit ist, kostenlos den Akku zu reparieren bzw. auszutauschen bzw. Ihnen einen anderen identischen Laptop zu geben, bringen Sie den Laptop und die Laptop Mouse zum Elektrofachmarkt zurück, erklären dort den Rücktritt vom Kaufvertrag über den Laptop und verlangen die Erstattung der Kaufpreise für den Laptop und die Laptop Mouse. Da der Verkäufer die beiden Kaufpreise nicht freiwillig erstattet, verklagen Sie den Verkäufer nach Ablauf einer gesetzten Frist auf Rückzahlung des Kaufpreises für den Laptop sowie Zahlung von Aufwendungsersatz in Höhe des Kaufpreises für die Laptop Mouse. Damit Sie vor Gericht gewinnen könnten müssen Sie dort insbesondere behaupten und - wenn der Verkäufer dies bestreitet - auch beweisen, dass (1) der Akku defekt ist und (B) sich dies innerhalb von 6 Monaten nach der Übergabe an Sie zeigte. Zu Ihren Gunsten wird vermutet (ohne dass Sie auch dies beweisen müssen), dass (2) der Akku schon defekt war, als Ihnen der Laptop vom Kassierer übergeben wurde.
Am 23.02.2019 kaufen und erhalten Sie für sich privat vom KFZ-Händler (Verkäufer) ein KFZ. Etwa einen Monat später kommt es zu einem Motorschaden. Es stellt sich heraus, dass der Zahnriemen defekt ist. Es steht jedoch nicht fest, ob der Zahnriemen durch einen Fahrfehler von Ihnen defekt wurde, ob der Zahnriemen schon im Zeitpunkt der Übergabe des KFZ an Sie defekt war und ob der defekte Zahnriemen den Motorschaden verursacht hat. Damit Sie vor Gericht gewinnen könnten müssen Sie dort insbesondere behaupten und - wenn der Verkäufer dies bestreitet - auch beweisen, dass (1) das KFZ einen Motorschaden hat und (B) sich dies innerhalb von 6 Monaten seit der Übergabe des KFZ an Sie zeigte. Zu Ihren Gunsten wird vermutet (ohne dass Sie auch dies beweisen müssen), dass (2) der Zahnriemen schon bei der Übergabe des KFZ an Sie defekt war und dass (X) der defekte Zahnriemen den Motorschaden verursacht hat. Es wird also vermutet, dass das KFZ "den Sachmangel" schon bei der Übergabe an Sie hatte.
Ausnahmsweise keine Vermutung
In folgenden Fällen gilt die Vermutung des § 477 BGB ausnahmsweise nicht:
- Der Verkäufer beweist, dass der Kaufgegenstand den Sachmangel in dem entscheidenden Zeitpunkt noch nicht hatte.
- Die Vermutung ist unvereinbar mit der Art des Kaufgegenstandes
Beispiel: Sie kaufen vom Verkäufer eine verschlossene Kiste mit 50 Kilogramm Bananen. Damit möchten Sie für eine private Feierlichkeit bei Ihnen zu Hause Bananen-Smoothies machen. 8 Wochen nach der Übergabe öffnen Sie die Kiste und stellen fest, dass die Bananen braun verfärbt und matschig sind. Es wird nicht vermutet, dass die Bananen schon bei der Übergabe an Sie braun und matschig waren. Es ist nämlich gut denkbar, dass die Verschlechterung der Bananen erst danach eingetreten ist. Es wird Ihnen hier nicht gelingen zu beweisen, dass die Bananen schon bei Übergabe an Sie verdorben waren.
- Die Vermutung ist unvereinbar mit der Art des Mangels
Beispiel: Sie kaufen vom Verkäufer für Ihre Freizeit ein Pferd der Rasse "Westfale". 12 Wochen nach der Übergabe wird das Pferd krank. Es steht fest, dass die Inkubation 2 Wochen beträgt. Es wird nicht vermutet, dass das Pferd schon bei der Übergabe an Sie krank bzw. mit dem Krankheitserreger infiziert war. Denn wegen der Inkubationszeit steht fest, dass sich das Pferd mit dem Krankheitserreger erst 10 Wochen nach der Übergabe an Sie infizierte.
Besonderheiten im Rahmen eines Versendungskaufs
Sofern § 447 Abs.1 BGB anwendbar ist und seine Voraussetzungen vorliegen, gilt Folgendes:
Beweislast für Übergabe an Versandperson
Wenn der Verkäufer vor Gericht behauptet, er habe den Kaufgegenstand an die Versandperson übergeben und Sie dies (insbesondere mit "Nichtwissen") bestreiten, so wäre es grundsätzlich die Aufgabe des Verkäufers, dies zu beweisen.
Beweislast für Sachmangel bei Übergabe an Versandperson
Wer von Ihnen vor Gericht behaupten und - sofern die Gegenseite dies bestreitet - auch beweisen muss, ob der Kaufgegenstand schon im Zeitpunkt der Übergabe an die Versandperson den Sachmangel hatte, hängt insbesondere davon ab, wie Sie sich bei der Übergabe des Kaufgegenstandes an Sie verhalten.
Situation: Entgegennahme unter Vorbehalt und unverzügliche Beschwerde
Als der Paketlieferdienst Ihnen das Paket mit dem Laptop übergibt, bemerken Sie, dass das Paket beschädigt ist. In Anwesenheit des Mitarbeiters des Paketlieferdienstes öffnen Sie das Paket und stellen fest, dass der Bildschirm des Laptops beschädigt ist. Daraufhin unterschreiben Sie den Erhalt nicht einfach nur. In das Textfeld für die Unterschrift schreiben Sie auch "Bildschirm beschädigt. Entgegennahme daher nur unter Vorbehalt". Zudem teilen Sie dies zusätzlich unverzüglich dem Verkäufer mit. In einem solchen Fall ist es vor Gericht wohl grundsätzlich nur Ihre Aufgabe, die Beschädigung zu behaupten und - sofern der Verkäufer diese bestreitet - auch zu beweisen. Hingegen wäre es grundsätzlich wohl die Aufgabe des Verkäufers zu behaupten und - wenn Sie dies (insbesondere mit "Nichtwissen") bestreiten - auch zu beweisen, dass der Kaufgegenstand nicht schon beschädigt war, als er diesen an die Versandperson übergab.
Situation: Entgegennahme ohne Vorbehalt und ohne unverzügliche Beschwerde
Als der Paketlieferdienst Ihnen das Paket mit dem Laptop übergibt, bemerken Sie, dass das Paket beschädigt ist. In Anwesenheit des Mitarbeiters des Paketlieferdienstes öffnen Sie das Paket und stellen fest, dass der Bildschirm des Laptops beschädigt ist. Sie unterschreiben den Erhalt und nehmen den Laptop ohne Vorbehalt entgegen. Zudem benutzen Sie den Laptop einige Monate, ohne sich beim Verkäufer zu beschweren. Erst später teilen Sie dem Verkäufer mit, dass der Bildschirm schon im Zeitpunkt der Übergabe an Sie beschädigt war. In einem solchen Fall ist es vor Gericht grundsätzlich wohl nicht nur Ihre Aufgabe, die Beschädigung zu behaupten und - sofern der Verkäufer diese bestreitet - auch zu beweisen. Zudem ist es grundsätzlich wohl auch Ihre Aufgabe zu behaupten und - sofern der Verkäufer dies bestreitet - zu beweisen, dass die Beschädigung schon vorhanden war, als der Verkäufer den Laptop an die Versandperson übergab. Letzteres wird Ihnen in aller Regel (wenn Sie nicht etwa einen Zeugen wie zum Beispiel den Mitarbeiter des Paketlieferdienstes haben) kaum gelingen. Warten Sie daher nicht zu lange mit der Reklamation!
Was ist ein Rechtsmangel und wann muss dieser vorliegen?
Wann ein Rechtsmangel vorliegt, ist in § 435 BGB geregelt. Insbesondere nach seinem Satz 1 liegt ein Rechtsmangel vor, wenn Dritte in Bezug auf den Kaufgegenstand Rechte Ihnen gegenüber geltend machen können, die nicht im Kaufvertrag geregelt wurden. Sie bekommen also an dem Kaufgegenstand nicht die Rechtsposition, die nach dem Inhalt des Kaufvertrages vorgesehen ist.
Welche Beispiele gibt es für einen Rechtsmangel?
Sie erwerben vom Verkäufer ein Grundstück samt Mehrfamilienhaus. Die Wohnungen möchten Sie an Freunde vermieten. Die Wohnungen sind aber bereits alle an andere Mieter vermietet. Dies wussten Sie nicht und dies ergibt sich insbesondere auch nicht aus dem notariellen Kaufvertrag. Das Grundstück (samt Mehrfamilienhaus) weist einen Rechtsmangel auf. Denn die anderen Mieter können gemäß § 566 BGB Ihnen gegenüber darauf bestehen, dort erst einmal weiter zur Miete wohnen zu dürfen.
Wichtigstes Beispiel dafür, wann kein Rechtsmangel vorliegt: Sie kaufen vom Verkäufer ein Fahrrad. Das Fahrrad hatte der Verkäufer dem Eigentümer gestohlen. Dies ist Ihnen erst einige Monate, nachdem der Verkäufer Ihnen das gestohlene Fahrrad zum Behalten übergab, klar geworden. Der Eigentümer hat sein Fahrrad nämlich wiedererkannt, als Sie damit unterwegs waren, und Sie entsprechend aufgeklärt. Sie haben das Eigentum an dem Fahrrad nicht erworben, weil es gestohlen wurde (§ 935 Abs.1 S.1, 1. Alt. BGB). Sie haben - weil kein "Mangel" vorliegt - gegen den Verkäufer keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz gemäß §§ 437 Nr.3, 280 Abs.1, 3, 281, 284 BGB.
Wann muss ein Rechtsmangel vorliegen?
Damit Sie wegen eines Rechtsmangels gegen den Verkäufer einen Anspruch auf Aufwendungsersatz haben könnten, muss der Rechtsmangel bereits im Zeitpunkt des "Eigentumserwerbs" vorgelegen haben. Was Viele nicht wissen: Durch den bloßen Abschluss eines Kaufvertrages werden Sie nicht Eigentümer des Kaufgegenstandes! Wann und unter welchen Voraussetzungen Sie das Eigentum erwerben, ergibt sich bei "beweglichen" Kaufgegenständen aus §§ 929 ff. BGB und bei Grundstücken aus §§ 873, 925 BGB. Aber keine Sorge! Im Alltag erwerben Sie in aller Regel "problemlos" das Eigentum. Dabei müssen Sie sich dann keine Gedanken machen über die nicht einfach zu verstehenden Vorschriften zum Eigentumserwerb.
Beispiel: Sie möchten ein neues Smartphone kaufen. Dazu gehen Sie zum Handygeschäft "Exklusiv-Handy GmbH". Dort finden Sie ein tolles Smartphone, welches Sie gerne haben möchten. Sie gehen mit dem Smartphone zur Kasse. Der Kassierer scannt das Preisetikett ein und Sie geben ihm die 299 EUR. Sie verabschieden sich und verlassen das Handygeschäft mit dem Smartphone. Es ist insbesondere Folgendes geschehen:
- Sie und die Exklusiv-Handy GmbH haben einen Kaufvertrag über das Smartphone für 299 EUR abgeschlossen.
- Sie haben von der Exklusiv-Handy GmbH das Eigentum am Smartphone erworben.
Voraussetzung Nr. 3: Fristsetzung oder Fristsetzung nicht nötig
Grundsätzlich könnten Sie allenfalls dann einen Anspruch auf Aufwendungsersatz gegen den Verkäufer gemäß §§ 437 Nr.3, 280 Abs.1, 3, 281, 284 BGB haben, wenn Sie dem Verkäufer zuvor erfolglos eine angemessene Frist zur Reparatur bzw. zum Ersatz gesetzt haben. Es gibt aber zahlreiche Ausnahmen, in denen Sie gegebenenfalls auch dann einen Anspruch auf Aufwendungsersatz haben könnten, wenn Sie dem Verkäufer keine Frist gesetzt haben.
Grundsatz: Fristsetzung zur Reparatur bzw. zum Ersatz erforderlich
Sie müssen dem Verkäufer grundsätzlich gemäß § 281 Abs.1 BGB eine angemessene Frist zur Reparatur bzw. zum Ersatz (der Gesetzgeber nennt beides "Nacherfüllung") gesetzt haben, damit Sie den oben genannten Anspruch auf Aufwendungsersatz haben könnten. Sofern Sie dem Verkäufer eine solche Frist gesetzt haben und er den mangelhaften Kaufgegenstand nicht rechtzeitig repariert bzw. Ihnen nicht einen identischen Ersatz gegeben hat, liegt eine weitere wichtige Voraussetzung für einen Anspruch auf Aufwendungsersatz vor.
Wie setzte ich dem Verkäufer eine Frist?
Fristsetzung bedeutet, dass Sie den Verkäufer eindeutig dazu auffordern müssen, innerhalb eines begrenzten Zeitraums den Kaufgegenstand zu reparieren oder Ihnen einen anderen identischen mangelfreien Ersatz zu geben. Dabei müssen Sie gegenüber dem Verkäufer Ihre Bereitschaft erklären, dem Verkäufer den Kaufgegenstand zur Überprüfung der behaupteten Mängel zur Verfügung zu stellen. Einen konkreten Zeitpunkt (zum Beispiel "bis zum 31.12.2019") oder Zeitraum (zum Beispiel "innerhalb von drei Wochen") müssen Sie dabei nicht vorgeben (Bundesgerichtshof, Urteil vom 13.07.2016, Aktenzeichen VIII ZR 49/15). Eine Formulierung wie zum Beispiel "so schnell wie möglich" oder "unverzüglich" reicht aus.
Ist auch eine zu kurze Fristsetzung wirksam?
Ja. Sofern Sie eine zu kurze Frist gesetzt haben, ist die Fristsetzung als solche dennoch wirksam. Es läuft für den Verkäufer dann automatisch eine angemessene Frist. Welche Frist angemessen ist, ist immer eine Frage des Einzelfalles.
Ausnahme: Keine Fristsetzung zur Reparatur bzw. zum Ersatz erforderlich
In bestimmten Ausnahmefällen brauchen Sie dem Verkäufer gemäß §§ 281 Abs.2, 440 S.1 BGB keine Frist zur Reparatur bzw. zum Ersatz zu setzen, um den oben genannten Anspruch auf Aufwendungsersatz haben zu können.
Was ist, wenn eine Fristsetzung ausnahmsweise nicht erforderlich ist?
Sofern einer der Ausnahmefälle vorliegt, könnten Sie gegebenenfalls "sofort" Aufwendungsersatz verlangen.
Welches sind die wichtigsten Ausnahmefälle?
Nachfolgend werden die wichtigsten fünf Ausnahmefälle dargestellt.
Ausnahmefall 1: Ernsthafte und endgültige Verweigerung
Der Verkäufer verweigert ernsthaft und endgültig die Reparatur bzw. den Ersatz, § 281 Abs.2, 1. Alt. BGB. Dafür reicht es aber noch nicht aus, dass der Verkäufer sich nicht bei Ihnen meldet, den Mangel beim Kaufgegenstand bestreitet oder er Ihnen mitteilt, Sie sollen sich an den Hersteller wenden. An eine solche Verweigerung stellt die Rechtsprechung hohe Anforderungen.
Ausnahmefall 2: Besondere Umstände
Es liegen besondere Umstände vor, die unter Abwägung Ihrer Interessen und der Interessen des Verkäufers die sofortige Geltendmachung von Aufwendungsersatz rechtfertigen, § 281 Abs.2, 2. Alt. BGB. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn der Verkäufer Sie im Hinblick auf den Kaufvertrag arglistig getäuscht hat.
Ausnahmefall 3: Berechtigte Verweigerung von Reparatur und Ersatz
Der Verkäufer verweigert tatsächlich und berechtigterweise sowohl die Reparatur als auch den Ersatz wegen eines unzumutbaren Aufwandes (§ 275 Abs.2 BGB), einer persönlichen Unzumutbarkeit (§ 275 Abs.3 BGB) oder wegen unverhältnismäßig hoher Kosten (§ 439 Abs.4 S.1BGB), § 440 S.1, 1. Alt. BGB.
Unzumutbarer Aufwand
Im Alltag liegen die Voraussetzungen des § 275 Abs.2 nur sehr selten vor.
Beispiel: Das von Ihnen wegen Ihres persönlichen positiven Eindrucks von seinen Eigenschaften ausgesuchte und gekaufte Pferd der Rasse "Araber" leidet seit seiner Geburt an einer - zum Glück grundsätzlich heilbaren - Krankheit. Die Operation (bei einem Tier sagt man nicht "Reparatur") des Pferdes wäre zwar möglich und auch nicht zu teuer, würde aber dazu führen, dass es nach seiner Operation ständig von einem Tierarzt untersucht und gegebenenfalls erneut operiert werden muss. In einem solchen Fall kann der Verkäufer die Operation ausnahmsweise gemäß § 275 Abs.2 BGB verweigern. Da ein Ersatz schon nicht möglich ist ("Einzelstück auf dem Markt"), kommt es nicht darauf an, ob der Verkäufer diese berechtigterweise verweigern dürfte.
Persönliche Unzumutbarkeit
Im Alltag liegen die Voraussetzungen des § 275 Abs.3 kaum vor.
Unverhältnismäßig hohe Kosten
Wann die Kosten im Sinne von § 439 Abs.4 S.1 BGB unverhältnismäßig hoch sind, ist immer eine Frage des Einzelfalles.
Was sind die maßgeblichen Kriterien?
Im Rahmen einer Interessenabwägung werden insbesondere folgende Umstände berücksichtigt:
Auswirkungen des Mangels auf die Gebrauchsfähigkeit des Kaufgegenstandes
Wert des Kaufgegenstandes ohne den Mangel. Hinweis: Dies ist zu Ihrem Vorteil als Käufer der Marktwert und nicht der - vielleicht wegen Ihres Verhandlungsgeschicks sehr günstige – Kaufpreis
Schuld des Verkäufers für den Mangel
Wann ist eine Reparatur bzw. ein Ersatz zu teuer?
Die Kosten für eine Reparatur bzw. einen Ersatz sind grundsätzlich unverhältnismäßig hoch, wenn sie 150 % des Wertes des Kaufgegenstandes ohne den Mangel oder 200 % des mangelbedingten Minderwertes übersteigen (Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.01.2009, Aktenzeichen VIII ZR 70/08).
Beispiel: Sie haben beim Verkäufer für 3.500 EUR einen von Anfang an defekten Benzinrasenmäher gekauft. Ohne den Mangel hat er einen Marktwert in Höhe von 3.500 EUR. Mit dem Mangel hat er einen Marktwert in Höhe von 3.250 EUR. Eine Reparatur würde 250 EUR kosten. Ein identischer Ersatz-Benzinrasenmäher würde den Verkäufer 2.800 EUR kosten (700 EUR sind sein "Gewinn"). Der Verkäufer darf nur einen Ersatz verweigern. Dessen Kosten sind gegenüber denjenigen einer Reparatur unverhältnismäßig hoch. Ein Ersatz ist nämlich mehr als 20 % teurer als eine Reparatur. Eine Reparatur darf der Verkäufer jedoch nicht verweigern. Die Kosten dafür sind nicht unverhältnismäßig hoch. Die Reparaturkosten übersteigen nicht 150 % des Wertes des Kaufgegenstandes ohne Mangel. 150 % des Marktwertes vom mangelfreien Benzinrasenmäher sind 5.250 EUR. Die Reparaturkosten liegen mit nur 250 EUR weit darunter. Zudem übersteigen die Reparaturkosten nicht 200 % des mangelbedingten Minderwertes. 200 % des mangelbedingten Minderwertes (dies sind hier die 250 EUR Reparaturkosten) sind 500 EUR. Die Reparaturkosten liegen mit 250 EUR ebenfalls darunter.
Welche Besonderheiten gibt es beim Verbrauchsgüterkauf?
Bei einem Verbrauchsgüterkauf kann der Verkäufer gemäß § 475 Abs.4 S.1 aber grundsätzlich nicht sowohl eine Reparatur als auch einen Ersatz wegen unverhältnismäßig hoher Kosten im Sinne des § 439 Abs.4 S.1 BGB verweigern. Dieses Recht könnte dem Verkäufer dann allenfalls in einem der sehr seltenen Fälle nach § 275 Abs.2 oder § 275 Abs.3 BGB zustehen. Hinweis: Sofern der 5. Ausnahmefall nicht vorliegt, denken Sie insbesondere an den Ausnahmsfall Nr.1!
Ausnahmefall 4: Fehlschlag von Reparatur bzw. Ersatz
Die Reparatur bzw. der Ersatz ist fehlgeschlagen, § 440 S.1, 2. Alt. BGB.
Wann ist eine Reparatur fehlgeschlagen?
Eine Reparatur ist in der Regel dann fehlgeschlagen, wenn sich der Verkäufer (oder ein durch ihn beauftragter Dritter) zwei Mal vergeblich darum bemüht hat, den Kaufgegenstand zu reparieren, § 440 S.2 BGB.
Wann ist ein Ersatz fehlgeschlagen?
Wie oft Sie einen jeweils mangelhaften Ersatz hinnehmen müssen, bevor ein "Fehlschlagen" bejaht werden kann, ist gesetzlich nicht geregelt. Es wird wohl eine Frage des Einzelfalles sein, und zwar abhängig von den jeweiligen Mängeln bei dem Ersatz.
Ausnahmefall 5: Reparatur bzw. Ersatz für Sie unzumutbar
Eine Reparatur bzw. ein Ersatz sind Ihnen unzumutbar, § 440 S.1, 3. Alt. BGB. Dies ist dann der Fall, wenn Ihr Vertrauen in eine(n) ordnungsgemäße(n) Reparatur bzw. Ersatz durch den Verkäufer nachhaltig gestört ist.
Beispiel: Sie haben beim Verkäufer eine teure Einbauküche gekauft. Nach dem Einbau stellt sich heraus, dass diese so ungewöhnlich schlecht montiert wurde, sodass Sie überhaupt kein Vertrauen mehr haben an dem Können des Verkäufers. In einem solchen Fall wurde die Unzumutbarkeit für den Käufer bejaht (Bundesgerichtshof, Urteil vom 13.07.2016, Aktenzeichen VIII 49/15).
Voraussetzung Nr. 4: Bestimmte Aufwendung
Damit Sie gegen den Verkäufer einen Anspruch auf einen Aufwendungsersatz haben könnten, müssen Sie eine bestimmte "Aufwendung" gemacht haben.
Aufwendung
Unter einer "Aufwendung" versteht man vorliegend insbesondere eine Zahlung bzw. zumindest die Eingehung einer Zahlungsplicht im Zusammenhang mit dem mangelhaften Kaufgegenstand. Wichtig: Keine Aufwendung in diesem Sinne ist die Zahlung des Kaufpreises für den mangelhaften Kaufgegenstand selbst.
Beispiele für Aufwendungen sind:
- Finanzierungskosten (das sind insbesondere Kosten für die Aufnahme eines
Darlehens zur Finanzierung des Kaufpreises)
- Versand- bzw. Überführungskosten
- Reisekosten
- Übernachtungskosten
- Zulassungskosten für ein KFZ
- Kosten für eine Extra-Ausstattung
- Einbaukosten
Anforderungen an die Aufwendung
Nicht jede Aufwendung im Zusammenhang mit dem mangelhaften Kaufgegenstand führt zu einem Anspruch auf Aufwendungsersatz. Vielmehr müssen für einen solchen Anspruch zumindest folgende Anforderungen an die Aufwendung erfüllt sein:
Vertrauen
Sie müssen die Aufwendung im Vertrauen auf den Erhalt des Kaufgegenstandes ohne den Mangel getätigt haben. Sie müssen also eine Zahlung geleistet bzw. eine Zahlungspflicht eingegangen sein, bevor Sie von dem Mangel beim Kaufgegenstand erfahren haben.
Nutzlosigkeit
Die Aufwendung muss für Sie im Ergebnis "nutzlos" sein. Dies ist vorliegend insbesondere grundsätzlich dann der Fall, wenn Sie den Kaufgegenstand wegen Ihrer Mangelhaftigkeit an den Verkäufer zurückgeben oder diesen jedenfalls nicht bestimmungsgemäß nutzen können und Sie deshalb von der Aufwendung nichts haben (Bundesgerichtshof, Urteil vom 13.07.2016, Aktenzeichen VIII 49/15).
Keine Zweckverfehlung
Zudem dürfte Ihre Aufwendung - hätten Sie den Kaufgegenstand ohne den Mangel erhalten - nicht "zweckverfehlt" sein. Dies bedeutet, dass Sie von der Aufwendung wirklich etwas haben müssten, wenn Sie den Kaufgegenstand ohne den Mangel erhalten hätten. Eine Zweckverfehlung liegt zum Beispiel dann vor, wenn Sie für das gekaufte mangelhafte KFZ zusätzlich Sommerreifen kaufen, von denen Sie nichts haben, weil die Sommerreifen nicht an das KFZ passen.
Es wird zunächst einmal vermutet, dass keine Zweckverfehlung vorliegt (gut für Sie). Gegebenenfalls kann der Verkäufer in einem Gerichtsverfahren die Vermutung aber widerlegen.
Voraussetzung Nr. 5: Schuld des Verkäufers
Zudem ist es grundsätzlich erforderlich, dass der Verkäufer Schuld hat.
Muss ich die Schuld des Verkäufers beweisen?
Nein. Die Schuld des Verkäufers wird gemäß § 280 Abs.1 S.2 BGB zunächst einmal vermutet (gut für Sie). Kommt es zu einem Gerichtsverfahren, wäre es die Aufgabe des Verkäufers zu erläutern und zu beweisen, dass er keine Schuld hat, damit die Vermutung ausnahmsweise nicht gilt.
Wie könnte der Verkäufer das Gericht von seiner "Unschuld" überzeugen?
Im Gegensatz zum Strafrecht sagt man als Jurist im Zivilrecht zwar nicht "Unschuld". Der richtige juristische Begriff ist "Exkulpation". Egal wie man es auch korrekt bezeichnet, wichtig für Sie ist es zu wissen, welche Tatsachen der Verkäufer behaupten und beweisen muss, um ein Gericht davon zu überzeugen. Höchstrichterlich wurde dies bisher noch nicht entschieden und ist unter Juristen umstritten.
Meinung 1: Der Verkäufer muss nur behaupten und beweisen, dass er keine Schuld daran hat, dass er nicht rechtzeitig den mangelhaften Kaufgegenstand repariert bzw. Ihnen einen Ersatz gegeben hat.
Meinung 2: Der Verkäufer muss behaupten und beweisen, dass er keine Schuld daran hat, dass der Kaufgegenstand einen Mangel hat und dass er nicht rechtzeitig den mangelhaften Kaufgegenstand repariert bzw. Ihnen einen Ersatz gegeben hat.
Auch wichtig zu wissen: Die Vermutung, dass der Verkäufer Schuld hat, gilt auf jeden Fall dann, wenn er nur erläutert und beweist, dass er keine Schuld hat für den Mangel beim Kaufgegenstand. Das allein reicht nach keiner der beiden Meinungen aus!
Welches Beispiel gibt es?
Sie kaufen im "Elektrofachmarkt ABC GmbH" einen Flachbildfernseher. Diesen hatte die Elektrofachmarkt ABC GmbH zuvor vom Hersteller "Super-Fernseher GmbH" gekauft. Aufgrund einer mangelhaften Verarbeitung bei diesem konkreten Flachbildfernseher durch einen Mitarbeiter des Herstellers kann man nur in schwarz-weiß, aber nicht in Farbe, fernsehen. Dies hat die Elektrofachmarkt ABC GmbH nicht erkannt. Zwar hat sie vor dem Einräumen in ihre Verkaufsregale 50 der insgesamt 200 von der Super-Fernseher GmbH gekauften Flachbildfernseher getestet. Dabei stellte sie aber nur fest, dass diese 50 Flachbildfernseher in Ordnung sind. Wenn die Elektrofachmarkt ABC GmbH nur deswegen nicht rechtzeitig Ihren Flachbildfernseher repariert bzw. Ihnen einen identischen Ersatz gibt, weil sie sich darauf beruft, dass sie für den Mangel keine Schuld hat, hat sie (nach beiden Meinungen) doch Schuld!
Voraussetzung Nr. 6: Anspruch ist nicht vertraglich oder gesetzlich ausgeschlossen
Zudem darf Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz weder vertraglich noch gesetzlich ausgeschlossen sein.
Vertraglicher Ausschluss
Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz ist vertraglich ausgeschlossen, wenn Sie dies mit dem Verkäufer wirksam individuell vereinbart haben oder dies in einer Allgemeinen Geschäftsbedingung (AGB) geregelt ist, welche wirksamer Bestandteil des Kaufvertrages ist.
Typische Formulierungen für einen Ausschluss
Im Alltag versucht der Verkäufer im Kaufvertrag häufig, Ihre Gewährleistungsrechte vollständig auszuschließen (und damit auch Ihren Anspruch auf Aufwendungsersatz).
Typische Formulierungen sind:
"Der Verkäufer und der Käufer vereinbaren, dass der Kaufgegenstand unter Ausschluss der Gewährleistung verkauft wird."
"Die Gewährleistung wird ausgeschlossen."
"Gekauft wie gesehen."
Wirksamkeit eines Ausschlusses
Ob ein Gewährleistungsausschluss wirksam ist, hängt insbesondere davon ab, ob Sie diesen mit dem Verkäufer individuell vereinbart haben oder dieser in einer AGB geregelt ist.
Individueller Ausschluss
Ein Gewährleistungsausschluss wurde individuell vereinbart, wenn insbesondere Sie als Käufer damit einverstanden waren und tatsächlich die Möglichkeit hatten, den Inhalt dieser konkreten Regelung wirklich zu beeinflussen. Ob eine Regelung individuell vereinbart wurde oder ob es sich bei ihr um eine AGB handelt, ist im Einzelfall nicht immer einfach festzustellen. Sofern der Verkäufer in einem Gerichtsverfahren behauptet, der Gewährleistungsausschluss sei keine AGB, sondern individuell mit Ihnen vereinbart worden, und Sie dies bestreiten, wäre es grundsätzlich die Aufgabe des Verkäufers, seine Behauptung zu beweisen (Bundesgerichtshof, Urteil vom 03.04.1998, Aktenzeichen V ZR 6-97).
Ausschluss durch AGB
Sofern Sie und der Verkäufer einen Gewährleistungsausschluss nicht individuell vereinbart haben, handelt es sich dabei nicht automatisch um eine AGB, die wirksamer Bestandteil des Kaufvertrages geworden ist. Wann eine AGB vorliegt und wann diese AGB wirksamer Bestandteil des Kaufvertrages ist, richtet sich nach den §§ 305 ff. BGB.
Wichtige Beispiele für nicht geltenden Ausschluss
In folgenden Fällen gilt ein Ausschluss nicht (Sie haben Glück gehabt!):
Arglistiges Verschweigen des Mangels
Der Verkäufer kann sich bezüglich eines konkreten Mangels nicht auf einen individuell vereinbarten Ausschluss Ihres Anspruchs auf Aufwendungsersatz berufen bzw. eine entsprechende AGB ist insofern unwirksam, als der Verkäufer diesen Mangel Ihnen gegenüber arglistig verschwiegen hat (§ 444 1. Alt. BGB bzw. § 307 Abs.2 Nr.1 i.V.m. § 444 1. Alt. BGB).
Für ein arglistiges Verschweigen reicht es aus, dass der Verkäufer den Mangel für möglich hält und es ihm egal ist, ob Sie den Mangel kennen und den Kaufvertrag dann nicht oder nicht mit demselben Inhalt abschließen würden (Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.04.2013, Aktenzeichen V ZR 266/11).
Anderslautende Garantie
Der Verkäufer kann sich bezüglich eines konkreten Mangels auch nicht auf einen individuell vereinbarten Ausschluss Ihres Anspruchs auf Aufwendungsersatz berufen bzw. eine entsprechende AGB ist insofern unwirksam, als der Verkäufer diesbezüglich eine anderslautende Garantie gegeben hat (§ 444 2. Alt. BGB bzw. § 307 Abs.2 Nr.1 i.V.m. § 444 2. Alt. BGB)
Beispiel: Sie kaufen vom Verkäufer ein KFZ. Im Kaufvertrag kreuzt der Verkäufer "Keine Vorschäden" an. Tatsächlich hat das KFZ erhebliche Vorschäden. Dabei dürfte es sich um eine anderslautende Garantie handeln. Eine Garantie liegt aber dann nicht vor, wenn "keine Vorschäden" ohne den Zusatz wie zum Beispiel "laut Vorbesitzer" enthält. Denn dann handelt es sich um eine bloße Wissensmitteilung des Verkäufers (Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.03.2008, Aktenzeichen VIII ZR 253/05).
Leben, Körper, Gesundheit
Sofern der Verkäufer mit Ihnen vereinbart hat, dass Ihre Gewährleistung ausgeschlossen oder begrenzt ist (auch) für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, die auf einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Pflichtverletzung des Verkäufers oder einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Pflichtverletzung seiner gesetzlichen Vertreter oder Erfüllungsgehilfen beruhen, wird wie folgt unterschieden:
AGB
Wurde die Vereinbarung mittels AGB getroffen, kommt es für die Wirksamkeit dieser AGB darauf an, ob Sie den Kaufvertrag als Privatperson oder Unternehmer (§ 14 BGB) abgeschlossen haben.
Haben Sie den Kaufvertrag als Privatperson abgeschlossen, ist eine solche AGB des Verkäufers (wichtig: nicht aber automatisch auch die anderen AGBs) unwirksam (§ 309 Nr.7 a, § 307 Abs.2 Nr.1 i.V.m. § 276 Abs.3 BGB). Weil die drei oben genannten typischen Formulierungen Ihre Gewährleistung (auch) für solche Schäden (Leben, Körper, Gesundheit) ausschließen, sind sie unwirksam, sofern sie als AGB vereinbart wurden! Obwohl es im Kaufvertrag anders geregelt ist, könnten Sie gegen den Verkäufer doch einen Anspruch auf Aufwendungsersatz haben! Merken Sie sich: Nicht alles, was schwarz auf weiß steht, ist immer richtig.
Haben Sie den Kaufvertrag als Unternehmer (§ 14 BGB) abgeschlossen, ist eine solche AGB des Verkäufers - mangels direkter Anwendbarkeit (§ 310 Abs.1 BGB) - zwar nicht direkt gemäß § 309 BGB unwirksam. Ihre Unwirksamkeit ergibt sich aber grundsätzlich aus §§ 310 Abs.1 S.2, 307 Abs.2 Nr.1 BGB, es sei denn, die AGB kann wegen der besonderen Interessen und Bedürfnisse des unternehmerischen Geschäftsverkehrs ausnahmsweise als angemessen angesehen werden (Bundesgerichtshof, Versäumnisurteil vom 19.09.2007, Aktenzeichen VIII ZR 141/06). Dies ist immer eine Frage des Einzelfalles.
Individuelle Vereinbarung
Wurde die Vereinbarung individuell getroffen, ist sie - abgesehen vom Ausschluss für Vorsatz - wirksam (Oberlandesgericht Frankfurt a.M., Urteil vom 27.08.2017, Aktenzeichen 15 U 7/12). Sie könnten also allenfalls bei Vorsatz des Verkäufers einen Anspruch auf Aufwendungsersatz haben. Denn eine Haftung für eigenen Vorsatz kann im Vorfeld nicht wirksam ausgeschlossen werden (§ 276 Abs.3 BGB). Eine solche Vereinbarung wird (im Gegensatz zur Situation bei einer AGB) dann mit dem Ziel ihrer Wirksamkeit so ausgelegt, dass ein Ausschluss für Vorsatz davon nicht umfasst ist. Wenn Sie vor Gericht behaupten, der Verkäufer habe den Mangel gekannt und vorsätzlich verschwiegen, so wird er dies gegebenenfalls bestreiten. In einem solchen Fall wäre es grundsätzlich Ihre Aufgabe, die Kenntnis und den Vorsatz des Verkäufers zu beweisen. Dies ist in aller Regel nicht einfach.
Vorsätzliche oder grob fahrlässige Pflichtverletzung
Sofern der Verkäufer mit Ihnen vereinbart hat, dass Ihre Gewährleistung ausgeschlossen oder begrenzt ist (auch) für sonstige Schäden, die auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Verkäufers oder einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung seiner gesetzlichen Vertreter oder Erfüllungsgehilfen beruhen, wird ebenfalls wie folgt unterschieden:
AGB
Wurde die Vereinbarung mittels AGB getroffen, kommt es auch hier für die Wirksamkeit dieser AGB darauf an, ob Sie den Kaufvertrag als Privatperson oder Unternehmer (§ 14 BGB) abgeschlossen haben.
Haben Sie den Kaufvertrag als Privatperson abgeschlossen, ist eine solche AGB des Verkäufers (wichtig: nicht aber automatisch auch die anderen AGBs) unwirksam (§ 309 Nr.7 b, § 307 Abs.2 Nr.1 i.V.m. § 276 Abs.3 BGB). Weil die drei oben genannten typischen Formulierungen Ihre Gewährleistung (auch) für solche sonstigen Schäden ausschließen, sind sie unwirksam, sofern sie als AGB vereinbart wurden! Obwohl es im Kaufvertrag anders geregelt ist, könnten Sie gegen den Verkäufer doch einen Anspruch auf Aufwendungsersatz haben! Auch hier gilt: Nicht alles, was schwarz auf weiß steht, ist immer richtig.
Haben Sie den Kaufvertrag als Unternehmer (§ 14 BGB) abgeschlossen, ist eine solche AGB des Verkäufers - mangels direkter Anwendbarkeit (§ 310 Abs.1 BGB) - zwar nicht direkt gemäß § 309 BGB unwirksam. Ihre Unwirksamkeit ergibt sich aber ebenfalls grundsätzlich aus §§ 310 Abs.1 S.2, 307 Abs.2 Nr.1 BGB, es sei denn, die AGB kann wegen der besonderen Interessen und Bedürfnisse des unternehmerischen Geschäftsverkehrs ausnahmsweise als angemessen angesehen werden (Bundesgerichtshof, Versäumnisurteil vom 19.09.2007, Aktenzeichen VIII ZR 141/06). Auch hier kommt es immer auf den Einzelfall drauf an.
Individuelle Vereinbarung
Wurde die Vereinbarung individuell getroffen, ist sie - abgesehen vom Ausschluss für Vorsatz - wirksam (Oberlandesgericht Frankfurt a.M., Urteil vom 27.08.2017, Aktenzeichen 15 U 7/12). Sie könnten also allenfalls bei Vorsatz des Verkäufers einen Anspruch auf Aufwendungsersatz haben. Denn eine Haftung für eigenen Vorsatz kann im Vorfeld nicht wirksam ausgeschlossen werden (§ 276 Abs.3 BGB). Eine solche Vereinbarung wird (im Gegensatz zur Situation bei einer AGB) dann mit dem Ziel ihrer Wirksamkeit so ausgelegt, dass ein Ausschluss für Vorsatz davon nicht umfasst ist. Wenn Sie vor Gericht behaupten, der Verkäufer habe den Mangel gekannt und vorsätzlich verschwiegen, so wird er dies gegebenenfalls bestreiten. In einem solchen Fall wäre es grundsätzlich Ihre Aufgabe, die Kenntnis und den Vorsatz des Verkäufers zu beweisen. Dies ist in aller Regel nicht einfach.
Neu hergestellter Kaufgegenstand
Sofern Sie einen neu hergestellten Kaufgegenstand kaufen, ist bei einer AGB zur Gewährleistung zudem insbesondere § 309 Nr.8 b) BGB bzw. § 310 Abs.1 S.1 BGB i.V.m. § 307 Abs.2 Nr.1 BGB zu beachten. Auch hieraus ergibt sich, wann eine solche AGB unwirksam sein kann.
Verbrauchsgüterkauf
Sofern Sie den Kaufgegenstand im Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufs gekauft haben, ist zudem die Verbraucherschutzvorschrift § 476 Abs.1, 3 BGB zu beachten. Kann sich der Verkäufer bei einem Verbrauchsgüterkauf - unter dem Gesichtspunkt "Verbraucherschutz" - auf einen Ausschluss Ihres Anspruchs auf Aufwendungsersatz berufen bzw. ist dieser wirksam? Genau dies bestimmt sich nach § 476 Abs.1, 3 BGB. Achtung! Auch wenn einem Ausschluss Ihres Anspruchs auf Aufwendungsersatz § 476 Abs.1, 3 BGB nicht entgegenstehen sollte, so heißt dies nicht, dass eine solche Regelung mit den anderen oben dargestellten Vorschriften des BGB (unabhängig vom Verbraucherschutzrecht) vereinbar ist. Denn das Verbraucherschutzrecht stellt einen Käufer selbstverständlich nicht schlechter als einen Käufer außerhalb des Verbrauchsgüterkaufs.
Ob § 476 Abs.1, 3 BGB einer solchen Regelung entgegensteht hängt davon, wann diese Regelung vereinbart wurde, was in der Regelung vereinbart ist und ob es sich bei der Regelung um eine AGB handelt bzw. diese individuell vereinbart wurde.
Wann muss eine solche Regelung vereinbart worden sein, damit dieser die Verbraucherschutzvorschrift nicht entgegensteht?
§ 476 Abs.1,3 BGB steht einer solchen Regelung - egal ob als AGB oder individuell vereinbart - dann nicht entgegen, wenn diese getroffen wurde, nachdem Sie den Verkäufer über den Mangel informierten bzw. Sie von ihm über den Mangel informiert wurden (zum Beispiel im Rahmen eines Vergleichs zwischen Ihnen und dem Verkäufer).
Was muss in einer solchen Regelung vereinbart sein, damit dieser die Verbraucherschutzvorschrift nicht entgegensteht?
Die Verbraucherschutzvorschrift (aber auch nur diese!) steht zum Beispiel folgender Regelung nicht entgegen:
"Ansprüche des Käufers auf Aufwendungsersatz sind ausgeschlossen."
"Ansprüche des Käufers auf Schadensersatz und Aufwendungsersatz sind ausgeschlossen."
Dies ergibt sich aus § 476 Abs.3 BGB. Denn § 476 Abs.3 BGB bestimmt, dass § 476 Abs.1 BGB nicht gilt für den Ausschluss des Anspruchs des Käufers auf Aufwendungsersatz (und Schadensersatz).
Mit welchem Inhalt wäre eine solche Regelung gegebenenfalls nicht vereinbar mit der Verbraucherschutzvorschrift?
Im Alltag enthalten Kaufverträge oftmals eine Regelung, wonach nicht nur die Ansprüche auf Aufwendungsersatz und Schadensersatz ausgeschlossen sind, sondern insbesondere auch Ansprüche auf eine Reparatur bzw. einen Ersatz sowie das Recht zum Rücktritt bzw. zur Minderung.
Beispiele für typische Formuliergen:
"Der Verkäufer und der Käufer vereinbaren, dass der Kaufgegenstand unter Ausschluss der Gewährleistung verkauft wird."
"Die Gewährleistung wird ausgeschlossen."
"Gekauft wie gesehen."
Was bei einem Verbrauchsgüterkauf für eine solche Regelung gilt, entscheidet sich danach, ob es sich dabei um eine AGB handelt oder nicht.
AGB
Sofern es sich bei einer solchen Regelung um eine AGB handelt, ist sie in der Regel insgesamt gemäß § 476 Abs.1, 3 BGB unwirksam (wichtig: nicht aber automatisch auch die anderen AGBs). Der Verkäufer hat dann schon aus diesem Grund seine rechtliche Gestaltungsmöglichkeit, Ihren Anspruch auf Aufwendungsersatz im Kaufvertrag wirksam auszuschließen, nicht genutzt.
Individuelle Vereinbarung
Sofern die Regelung individuell vereinbart wurde, ist unter Juristen streitig, ob sich der Verkäufer insgesamt wegen § 476 Abs.1, 3 BGB nicht darauf berufen kann (gut für Sie) oder ob er sich doch bezüglich Ihres Anspruchs auf Aufwendungsersatz (aber auch nur diesbezüglich) auf sie berufen kann (schlecht für Sie). Diese Frage ist bisher höchstrichterlich nicht geklärt!
Gesetzlicher Ausschluss
Es gibt einige Vorschriften, wonach Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz gesetzlich ausgeschlossen sein kann.
Kenntnis vom Mangel
Zum Beispiel ist Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz für jeden Mangel, den Sie bei Abschluss des Kaufvertrages wirklich kannten, gemäß § 442 Abs.1 S.1 BGB ausgeschlossen.
Allgemeines
Dies gilt auch dann, wenn der Verkäufer den Mangel Ihnen gegenüber arglistig verschwiegen oder eine anderslautende Garantie gegeben hat. Sofern der Verkäufer in einem Gerichtsverfahren behauptet, Sie hätten den Mangel bei Abschluss des Kaufvertrages gekannt und Sie dies bestreiten, so wäre es grundsätzlich die Aufgabe des Verkäufers, seine Behauptung zu beweisen. Selbstverständlich sollten Sie auch vor Gericht nicht vorsätzlich die Unwahrheit sagen. Denn ansonsten machen Sie sich gegebenenfalls strafbar wegen Prozessbetrugs gemäß § 263 StGB (und zwar dann, wenn Sie wegen der Lüge vor Gericht gewinnen) oder wegen versuchten Prozessbetrugs gemäß §§ 263, 22, 23 StGB (und zwar dann, wenn Sie zwar gelogen haben, um vor Gericht zu gewinnen, der Richter dies aber bemerkte und Sie vor Gericht verlieren).
Selbstverständlich ist Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz für einen anderen Mangel, den Sie nicht kannten, nicht gemäß § 442 Abs.1 S.1 BGB ausgeschlossen.
Welche Beispiele gibt es?
Beispiel: Es gibt nur einen Mangel
Sie haben vom Verkäufer ein gebrauchtes KFZ gekauft. Bevor Sie den Kaufvertrag unterschreiben, haben Sie bemerkt, dass das Dach des KFZ einen Hagelschaden hat. Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz wegen des beschädigten Daches ist gemäß § 442 Abs.1 S.1 BGB ausgeschlossen. Denn vor Abschluss des Kaufvertrages kannten Sie diesen Mangel.
Beispiel: Es gibt mehrere Mängel
Sie haben vom Verkäufer ein gebrauchtes KFZ gekauft. Bevor Sie den Kaufvertrag unterschreiben, haben Sie bemerkt, dass das Dach des KFZ einen Hagelschaden hat. Nicht bemerkt haben Sie, dass ein Scheinwerferlicht defekt ist. Im Hinblick auf das beschädigte Dach ist Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz gemäß § 442 Abs.1 S.1 BGB ausgeschlossen. Denn vor Abschluss des Kaufvertrages kannten Sie diesen Mangel. Im Hinblick auf den defekten Scheinwerfer ist Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz nicht gemäß § 442 Abs.1 S.1 BGB ausgeschlossen. Denn vor Abschluss des Kaufvertrages kannten Sie diesen Mangel nicht.
Grob fahrlässige Unkenntnis
Ein weiteres Beispiel dafür, wann Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz gesetzlich ausgeschlossen sein kann, ergibt sich aus § 442 Abs.1 S.2 BGB.
Allgemeines
Nach § 442 Abs.1 S.2 BGB ist Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz für jeden Mangel, den Sie infolge grober Fahrlässigkeit nicht bemerkt haben vor Abschluss des Kaufvertrages, grundsätzlich ausgeschlossen. Falls Sie den Mangel nur einfach fahrlässig nicht bemerkt haben, ist Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz jedoch nicht gemäß § 442 Abs.1 S.2 BGB ausgeschlossen. Grobe Fahrlässigkeit liegt dann vor, wenn - salopp formuliert - jedem Depp der Mangel hätte auffallen müssen. In aller Regel ist es nicht Ihre Aufgabe, den Kaufgegenstand vor Abschluss des Kaufvertrages auf Mängel zu untersuchen. Sofern jedoch konkrete Anhaltspunkte für Sie vorliegen, wonach der Kaufgegenstand einen Mangel haben könnte, wäre es Ihre Aufgabe, etwas genauer hinzuschauen bzw. beim Verkäufer nachzufragen, um eine grobe Fahrlässigkeit zu verhindern. Ob grobe Fahrlässigkeit oder nur einfache Fahrlässigkeit vorliegt, hängt immer von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles ab. Sofern der Verkäufer in einem Gerichtsverfahren behauptet, Sie hätten den Mangel in Folge grober Fahrlässigkeit nicht bemerkt und Sie dies bestreiten, so wäre es grundsätzlich die Aufgabe des Verkäufers, seine Behauptung zu beweisen.
Auch wenn Sie den Mangel infolge grober Fahrlässigkeit nicht bemerkt haben vor Abschluss des Kaufvertrages, ist Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz ausnahmsweise dann nicht gemäß § 442 Abs.1 S.2 BGB ausgeschlossen, wenn der Verkäufer den Mangel Ihnen gegenüber arglistig verschwiegen oder diesbezüglich eine anderslautende Garantie gegeben hat. Sofern Sie in einem Gerichtsverfahren behaupten, der Verkäufer habe den Mangel Ihnen gegenüber arglistig verschwiegen oder eine anderslautende Garantie gegeben und er dies bestreitet, so wäre es grundsätzlich Ihre Aufgabe, dies zu beweisen.
Welche Beispiele gibt es?
Beispiel: Keine Arglist des Verkäufers; keine anderslautende Garantie durch den Verkäufer
Sie haben vom Verkäufer ein gebrauchtes KFZ gekauft. Um das KFZ herum und darunter gibt es einen etwa 2,50 x 2,50 Meter großen Ölfleck. Grund dafür ist ein Riss in der Ölwanne, durch den eine erhebliche Menge Öl ausgelaufen ist. Bevor Sie den Kaufvertrag unterschreiben, bemerken Sie im Gegensatz zum Verkäufer, der von dem Mangel nichts weiß, den Ölfleck. Nichtsdestotrotz schauen Sie nicht genauer hin, ob mit dem KFZ alles in Ordnung ist. Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz ist gemäß § 442 Abs.1 S.2 BGB ausgeschlossen. Denn vor Abschluss des Kaufvertrages hätte Ihnen auffallen müssen, dass die Ölwanne beschädigt ist.
Beispiel: Arglist des Verkäufers
Sie haben vom Verkäufer ein gebrauchtes KFZ gekauft. Um das KFZ und darunter gibt es einen etwa 2,50 x 2,50 Meter großen Ölfleck. Grund dafür ist ein Riss in der Ölwanne, durch den eine erhebliche Menge Öl ausgelaufen ist. Bevor Sie den Kaufvertrag unterschreiben, bemerken Sie zwar den Ölfleck. Sie hoffen, dass der Ölfleck nicht vom KFZ stammt und das KFZ keinen Mangel hat, machen Sie sich aber keine weitergehenden Gedanken und fragen beim Verkäufer auch nicht nach. Der Verkäufer weiß ganz genau, dass die Ölwanne einen Riss hat. Um das KFZ aber dennoch ohne Preisnachlass verkaufen zu können, verschweigt der Verkäufer dies Ihnen gegenüber ganz bewusst. Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz ist ausnahmsweise nicht gemäß § 442 Abs.1 S.2 BGB ausgeschlossen. Zwar hätte Ihnen vor Abschluss des Kaufvertrages auffallen müssen, dass das KFZ Öl verliert und insofern mangelhaft ist. Der Verkäufer hat die defekte Ölwanne Ihnen gegenüber aber arglistig verschwiegen.
Voraussetzung Nr. 7: Verkäufer beruft sich nicht zu Recht auf Verjährung
Zudem ist es erforderlich, dass sich der Verkäufer nicht zu Recht auf die Verjährung Ihres Anspruchs auf Aufwendungsersatz tatsächlich beruft.
Folgen der Verjährung
Falls Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz verjährt ist, hat der Verkäufer die Möglichkeit, die Zahlung von Aufwendungsersatz schon aus diesem Grund abzulehnen, § 214 Abs.1 BGB. Sofern sich der Verkäufer zu Recht auf die Verjährung beruft, würden Sie vor Gericht verlieren. Um sich auf die Verjährung zu berufen, braucht der Verkäufer das Wort "Verjährung" nicht benutzen. Es reicht aus, wenn er zum Beispiel erklärt, dass "alles schon zu lange her ist". Selbstverständlich kann der Verkäufer trotz Verjährung dennoch Aufwendungsersatz leisten. Dies tut er dann entweder aus Kulanz oder weil er nicht weiß, dass er dies ablehnen darf.
Aufwendungsersatz trotz Verjährung
Falls der Verkäufer später bemerkt, dass er die Zahlung von Aufwendungsersatz hätte ablehnen dürfen, hat er Pech gehabt. Denn gemäß § 214 Abs.2 S.1 BGB kann das zur Befriedigung eines verjährten Anspruchs Geleistete nicht zurückgefordert werden. Sie brauchen den erhaltenen Aufwendungersatz also nicht zurückzahlen.
Verjährungsfrist
Wann Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz verjährt, ergibt sich aus § 438 BGB.
Häufigster Fall im Alltag: 2 Jahre
Der häufigste Fall im Alltag ist, dass Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz 2 Jahre, nachdem Sie den Kaufgegenstand erhalten haben, verjährt ist, § 438 Abs.1 Nr.3, Abs.2, 2. Alt. i.V.m. §§ 187 Abs.1, 188 Abs.2, 1. Alt. BGB.
Beispiel: Am 22.02.2019 erhalten Sie vom Verkäufer das gekaufte KFZ, welches schon dann einen Mangel hat. Falls alle Voraussetzungen für Ihren Anspruch auf Aufwendungsersatz vorliegen, ist dieser grundsätzlich ab dem 23.02.2021 (0:00 Uhr) verjährt.
Beispiele länger als 2 Jahre
Insbesondere abhängig davon, welchen Kaufgegenstand Sie gekauft haben, welchen Mangel der Kaufgegenstand hat und ob der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat, dauert es gegebenenfalls länger als 2 Jahre, bevor Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz verjährt ist.
Beispiel: Arglistiges Verschweigen des Mangels
Am 22.02.2019 erhalten Sie vom Verkäufer das gekaufte Motorrad, welches schon dann einen Mangel hat. Dies weiß der Verkäufer im Gegensatz zu Ihnen ganz genau und verschweigt dies Ihnen gegenüber absichtlich, damit Sie beim Kaufpreis nicht weiterverhandeln. Vom Mangel erfahren Sie erst am 14.07.2019. Falls Sie für das Motorrad extra ein Motorradradio gekauft haben und falls alle Voraussetzungen für Ihren Anspruch auf Aufwendungsersatz vorliegen, ist dieser grundsätzlich ab dem 01.01.2023 (0:00 Uhr) verjährt, § 438 Abs.3 S.1 i.V.m. §§ 195, 199 Abs.1 BGB. Die Verjährungsfrist beträgt hier 3 Jahre, da der Verkäufer den Mangel Ihnen gegenüber arglistig verschwiegen hat. Die Verjährungsfrist beginnt hier erst mit dem Ablauf des 31.12.2019 (24 Uhr) und endet mit Ablauf des 31.12.2022 (24:00 Uhr).
Beispiel: Bauwerk
Am 21.03.2019 wird Ihnen die gekaufte Photovoltaik-Anlage, welche Sie auf dem Dach selbst anbringen möchten, geliefert. Dass die Photovoltaikanlage schon in diesem Zeitpunkt einen Mangel hat, ist weder Ihnen noch dem Verkäufer bekannt. Erst etwa 4 Jahre später fällt Ihnen der Mangel auf. Ihr etwaiger Anspruch auf Aufwendungsersatz zum Beispiel für einen extra angeschafften Stromspeicher ist grundsätzlich noch nicht verjährt. Die Verjährungsfrist beträgt gemäß § 438 Abs.1 Nr.2 a) BGB fünf Jahre (Bundesgerichtshof, Urteil vom 02.06.2016, Aktenzeichen: VII ZR 348/13). Ihr etwaiger Anspruch auf Aufwendungsersatz ist erst ab dem 22.03.2024 (0:00 Uhr) verjährt, § 438 Abs.2, 2. Alt. BGB i.V.m. §§ 187 Abs.1, 188 Abs.2, 1. Alt. BGB.
Aussetzung oder Neubeginn der Verjährung
Wichtig zu wissen ist, dass es verschiedene Vorschriften gibt, wonach die Verjährung Ihres Anspruchs auf Aufwendungsersatz gegebenenfalls für einen gewissen Zeitraum ausgesetzt wird oder sogar komplett neu beginnt.
Unter welchen Voraussetzungen die Verjährung bezüglich eines Mangels ausgesetzt wird, ergibt sich insbesondere aus § 203 BGB (Verhandlungen zwischen Ihnen und dem Verkäufer über Ihren Anspruch auf Aufwendungsersatz) und § 204 BGB (zum Beispiel Nr.1: Sie verklagen den Verkäufer auf Aufwendungsersatz).
Gemäß § 212 Abs.1 Nr.1 BGB beginnt die Verjährung bezüglich eines Mangels sogar komplett neu zu laufen bei einem Anerkenntnis durch den Verkäufer Ihnen gegenüber bezüglich seiner Pflicht zur Zahlung von Aufwendungsersatz. Wichtig: Die Verjährung beginnt aber dann nicht neu zu laufen, wenn Ihr Anspruch bereits verjährt war, als der Verkäufer Ihren Anspruch anerkannte.
Verkürzung oder Verlängerung der Verjährungsfrist
Innerhalb bestimmter Grenzen kann die Verjährungsfrist durch individuelle Vereinbarung oder mittels AGB verkürzt (schlecht für Sie) oder verlängert (gut für Sie) werden.
Beispiel: Mittels AGB kann die Verjährungsfrist beim Verkauf eines neuen Kaufgegenstandes gegebenenfalls auf 1 Jahr verkürzt werden, § 309 Nr.8 b) ff) BGB.
Sofern Sie den Kaufgegenstand im Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufs gekauft haben, ist § 476 Abs.2 und Abs.3 BGB zu beachten.
Erfolg bei Gericht trotz Verjährung
Wenn Sie den Verkäufer auf die Zahlung von Aufwendungsersatz verklagen, obwohl Ihr Anspruch bereits verjährt ist, würden Sie dennoch vor Gericht gewinnen, wenn sich der Verkäufer nicht tatsächlich auf die Verjährung beruft. Denn dann darf das Gericht bei seiner Entscheidung die Verjährung nicht berücksichtigen. Das Gericht darf den Verkäufer wegen seiner Neutralitätspflicht auch nicht auf die Verjährung aufmerksam machen.
Sie als Käufer könnten dann einen Anspruch auf Aufwendungsersatz gegen den Verkäufer haben, wenn insbesondere die nachfolgenden sieben Voraussetzungen erfüllt sind.
Voraussetzung Nr. 1: Wirksamer Kaufvertrag
Zunächst einmal muss ein wirksamer Kaufvertrag zwischen Ihnen und dem Verkäufer bestehen.
Ein Kaufvertrag ist ein Vertrag, durch den der Verkäufer dazu verpflichtet wird, Ihnen den Kaufgegenstand zu übergeben und das Eigentum daran zu übertragen. Sie als Käufer werden durch den Kaufvertrag dazu verpflichtet, den Kaufpreis zu zahlen und den Kaufgegenstand abzunehmen (§ 433 BGB).
Wenn Sie vom Verkäufer Aufwendungsersatz verlangen und der Verkäufer in einem Gerichtverfahren Ihre Behauptung, Sie hätten den Kaufgegenstand von ihm gekauft, bestreitet, ist es grundsätzlich Ihre Aufgabe, den Abschluss des Kaufvertrages zu beweisen. Schon aus diesem Grund ist es immer sinnvoll, einen Kaufvertrag schriftlich und nicht nur mündlich abzuschließen bzw. den Kassenbon gut aufzubewahren.
Wer sind Käufer und Verkäufer?
Sie sind dann Käufer, wenn Sie den Kaufvertrag persönlich für sich selbst abgeschlossen haben oder wenn Sie wirksam vertreten worden sind durch einen Stellvertreter (§§ 164 ff. BGB). Verkäufer ist derjenige, der den Kaufvertrag persönlich für sich selbst abgeschlossen hat oder wirksam vertreten worden ist durch einen Stellvertreter (§§ 164 ff. BGB). Kaufen Sie zum Beispiel im Elektrofachmarkt "Super-Elektro GmbH" eine Waschmaschine, so ist Verkäufer nicht der Kassierer, sondern die Super-Elektro GmbH. Denn der Kassierer schloss den Kaufvertrag mit Ihnen nicht für sich selbst als Verkäufer, sondern für die Super-Elektro GmbH.
Was sind Gründe für einen unwirksamen Kaufvertrag?
Ein Kaufvertrag ist zum Beispiel dann nicht wirksam, wenn…
…Sie oder der Verkäufer bei Abschluss des Kaufvertrages nicht geschäftsfähig waren.
Beispiel 1: Ein sechs Jahre altes Kind möchte Ihnen sein prallgefülltes Sparschwein für 2 EUR verkaufen. Ein entsprechender Kaufvertrag wäre gemäß § 105 Abs.1 i.V.m. § 104 Nr.1 BGB unwirksam. Denn bei Abschluss des Kaufvertrages wäre der Verkäufer geschäftsunfähig.
Beispiel 2: Auf einer Feier möchte Ihnen ein sturzbetrunkener Gast sein Auto für 15.000 EUR verkaufen. Ein entsprechender Kaufvertrag wäre gemäß § 105 Abs.2 BGB unwirksam. Denn bei Abschluss des Kaufvertrages befände sich der Verkäufer "im Zustand vorübergehender Störung der Geistestätigkeit".
…gegen eine zwingende Formvorschrift verstoßen wurde.
Beispiel: Sie und Ihr Nachbar schließen einen schriftlichen Kaufvertrag mit dem Inhalt, dass Sie für 450.000 EUR sein Grundstück mit Haus kaufen. Der Kaufvertrag ist grundsätzlich gemäß § 125 S.1 i.V.m. § 311 b Abs.1 S.1 BGB unwirksam. Denn der Kaufvertrag hätte von einem Notar beurkundet werden müssen.
Wer muss die Wirksamkeit des Kaufvertrages beweisen?
In einem Gerichtsverfahren, in dem Sie Aufwendungsersatz vom Verkäufer verlangen, brauchen Sie nicht beweisen, dass der Kaufvertrag wirksam ist. Sofern der Verkäufer die Unwirksamkeit behauptet und Sie dies bestreiten, ist es grundsätzlich die Aufgabe des Verkäufers, dies zu beweisen.
Voraussetzung Nr. 2: Mangel beim Kaufgegenstand schon in einem bestimmten Zeitpunkt
Zudem muss der Kaufgegenstand schon in einem bestimmten Zeitpunkt einen Mangel haben. In Betracht kommen ein "Sachmangel" bzw. ein "Rechtsmangel". Welche Art von Mangel vorliegt, ist wegen derselben rechtlichen Folgen im Ergebnis egal.
Was ist ein Sachmangel und wann muss dieser vorliegen?
Anstatt "Sachmangel" sagt man im Alltag zum Beispiel "Das Auto ist kaputt / beschädigt / defekt". Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wann ein Sachmangel vorliegt. Geregelt ist dies in § 434 BGB. Die Unterscheidung zwischen den verschiedenen Möglichkeiten ist nicht immer einfach. Da ein Sachmangel aber schon dann vorliegt, wenn eine der verschiedenen Möglichkeiten gegeben ist, ist es im Ergebnis egal, um welche der verschiedenen Möglichkeiten es sich handelt.
Welche Beispiele gibt es für einen Sachmangel?
Beispiele für einen Sachmangel sind:
Die Höchstgeschwindigkeit des KFZ beträgt nur 180 km/h, obwohl im Kaufvertrag 220 km/h vereinbart wurden. Ein Sachmangel liegt vor, da der Kaufgegenstand nicht die im Kaufvertrag vereinbarte Beschaffenheit hat (§ 434 Abs.1 S.1 BGB).
Mit dem KFZ kann man nicht durch die Wüste fahren, obwohl genau dies im Kaufvertrag vorausgesetzt wird. Ein Sachmangel liegt vor, da der Kaufgegenstand sich nicht für die im Kaufvertrag vorausgesetzte besondere Verwendung eignet (§ 434 Abs.1 S.2 Nr.1 BGB).
Mit dem Geländewagen kann man nicht im Gelände fahren. Ein Sachmangel liegt vor, da sich der Kaufgegenstand nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet (§ 434 Abs.1 S.2 Nr.2, 1. Alt. BGB). Ein Geländewagen muss nämlich gerade auch im Gelände fahren können. Ein solcher Sachmangel liegt aber nicht vor, wenn man mit dem Kleinwagen nicht im Gelände fahren kann. Denn ein Kleinwagen eignet sich gewöhnlich nicht zum Fahren im Gelände.
Der Verkäufer verkauft Ihnen ein zwei Monate altes KFZ für 35.000 EUR. Das KFZ hat Roststellen und die Scheibenwischer sind stark abgenutzt. Ein Sachmangel liegt vor, da der Kaufgegenstand nicht die Beschaffenheit aufweist, die bei Kaufgegenständen der gleichen Art üblich ist und die Sie nach der Art des Kaufgegenstandes erwarten dürfen (§ 434 Abs.1 S.2 Nr.2, 2. Alt. BGB). Diese Art von Mangel kommt im Alltag übrigens am häufigsten vor. Ein solcher Sachmangel liegt aber nicht vor, wenn der Verkäufer Ihnen ein 25 Jahre altes KFZ für 250 EUR verkauft. Denn bei einem solchen KFZ und einem solchen Kaufpreis sind Roststellen und stark abgenutzte Scheibenwischer durchaus üblich und nicht anders zu erwarten. Hinweis: Ihre berechtigte Erwartungshaltung kann sich auch aus öffentlichen Äußerungen insbesondere des Verkäufers oder Herstellers (insbesondere in der Werbung) ergeben (§ 434 Abs.1 S.3 BGB).
Wann muss ein Sachmangel vorliegen?
Ob Sie gegen den Verkäufer einen Anspruch auf Aufwendungsersatz haben könnten, hängt entscheidend davon ab, wann der Sachmangel entstanden ist.
Grundsatz: Entscheidend ist der Zeitpunkt der Übergabe an Sie
Damit Sie wegen des Sachmangels gegen den Verkäufer einen Anspruch auf Aufwendungsersatz haben könnten, kommt es grundsätzlich darauf an, ob der Kaufgegenstand den Sachmangel schon in dem Zeitpunkt hat, als Ihnen der Kaufgegenstand zum Behalten übergeben wurde. Dies ergibt sich aus § 446 S.1 BGB.
Beispiel: Das Licht bei dem gekauften Fahrrad war schon kaputt, als der Verkäufer Ihnen das Fahrrad im Fahrradgeschäft zum Behalten übergab. Wegen des kaputten Lichts könnte Ihnen gegen den Verkäufer ein Anspruch auf Aufwendungsersatz zustehen.
Entsteht der Sachmangel erst nach dem Zeitpunkt der Übergabe an Sie, haben Sie wegen dieses Sachmangels gegen den Verkäufer keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz. Denn nach diesem Zeitpunkt liegt es in Ihrem Risikobereich, ob ein Sachmangel entsteht (§ 446 S.1 BGB).
Beispiel: Den gekauften hochwertigen Spiegelschrank erhalten Sie vom Verkäufer in einem mangelfreien Zustand. Leider fällt Ihnen der Spiegelschrank bei dem Versuch, diesen in Ihrem Badezimmer aufzuhängen, auf den Boden. Dadurch wird der Spiegelschrank beschädigt. Selbstverständlich haben Sie wegen dieser Beschädigung keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz. Denn als Sie den Spiegelschrank erhielten, war dieser in Ordnung.
Welche Ausnahmen gibt es von diesem Grundsatz?
Es gibt jedoch einige Ausnahmen, in denen Sie keinen Anspruch gegen den Verkäufer auf Aufwendungsersatz haben, obwohl der Kaufgegenstand den Sachmangel schon in dem Zeitpunkt der Übergabe an Sie hat. Dies kann zum Beispiel dann der Fall sein, wenn der Sachmangel während Ihres "Annahmeverzugs" (Ausnahme 1) entstanden ist. Zudem könnte dies bei einem sogenannten "Versendungskauf" so sein (Ausnahme 2).
Ausnahme 1 - Annahmeverzug
Sofern Sie den Kaufgegenstand zu einem vereinbarten Zeitpunkt abholen müssen und auch können, dies aber nicht tun, befinden Sie sich im sogenannten "Annahmeverzug". Dieser ist in §§ 293 ff. BGB geregelt.
Hat der Kaufgegenstand den Sachmangel zwar in dem Zeitpunkt, in dem er Ihnen vom Verkäufer zum Behalten übergeben wurde, ist der Sachmangel aber bereits davor während Ihres Annahmeverzugs entstanden, so haben Sie gegen den Verkäufer grundsätzlich keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz. Dies ergibt sich aus § 446 S.3 BGB. Einen Anspruch auf Aufwendungsersatz könnten Sie grundsätzlich nur dann haben, wenn der Sachmangel schon bei Beginn Ihres Annahmeverzugs vorlag. Ausnahmsweise könnte Ihnen ein solcher Anspruch aber wohl auch dann zustehen, wenn der Sachmangel zwar während Ihres Annahmeverzuges entstanden ist, der Sachmangel aber auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit des Verkäufers beruht. Dafür spricht § 300 Abs.1 BGB.
Beispiel: Sie kaufen beim Verkäufer einen hochwertigen Spiegelschrank. Es wird vereinbart, dass Sie diesen am kommenden Freitag um 16 Uhr bei ihm in seinem Geschäft abholen, da der Verkäufer danach für zwei Wochen im Urlaub und sein Geschäft geschlossen sein wird. Entgegen der ausdrücklichen Absprache kommen Sie nicht zum vereinbarten Termin, weil Sie nicht rechtzeitig daran gedacht haben. Aufgrund eines vom Verkäufer nicht verschuldeten Kurzschlusses bricht in seinem Geschäft während seines Urlaubs ein Feuer aus. Dabei wird der Spiegelschrank beschädigt. Trotz dieser Beschädigung haben Sie gegen den Verkäufer keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz. Denn in dem Zeitpunkt, in dem Sie den Spiegelschrank hätten abholen müssen und können, war dieser in Ordnung. Der Sachmangel ist nämlich während Ihres Annahmeverzugs entstanden. Anders könnte es aber dann sein, wenn der Kurzschluss durch den Verkäufer grob fahrlässig herbeigeführt wurde.
Beispiel: Das Licht bei dem gekauften Fahrrad war schon kaputt vor dem Zeitpunkt, in dem Sie das Fahrrad aufgrund einer ausdrücklichen Absprache mit dem Verkäufer bei ihm hätten abholen müssen und können. Wegen des kaputten Lichts könnte Ihnen gegen den Verkäufer ein Anspruch auf Aufwendungsersatz zustehen. Zwar befanden Sie sich im Annahmeverzug. Der Sachmangel ist aber nicht währenddessen entstanden.
Ausnahme 2 - Sachmangel entsteht bei einem Versendungskauf auf dem Versandweg
Für den Fall, dass der Sachmangel bei einem Versendungskauf auf dem Versandweg entsteht, regelt § 447 Abs.1 BGB, ob Ihnen gegen den Verkäufer ein Anspruch auf Aufwendungsersatz zusteht. Die Vorschrift des § 447 Abs.1 BGB ist gut für den Verkäufer und schlecht für Sie als Käufer. Denn falls die Vorschrift anwendbar ist und ihre Voraussetzungen vorliegen, haben Sie keinen Anspruch gegen den Verkäufer auf Aufwendungsersatz. Ob § 447 BGB anwendbar ist, hängt im Alltag meistens davon ab, ob Sie den Kaufgegenstand im Rahmen eines sogenannten "Verbrauchsgüterkaufs" kauften oder nicht.
Situation 1: Verbrauchsgüterkauf
Was ist der Grundsatz?
Bei einem Verbrauchsgüterkauf (dieser ist geregelt in § 474 Abs.1 S.1 BGB) ist § 447 BGB in aller Regel nicht anwendbar (gut für Sie!). Dies bestimmt § 475 Abs.2 BGB. Bei einem Verbrauchsgüterkauf kommt es daher normalerweise nur darauf an, ob der Kaufgegenstand bei seiner Übergabe an Sie einen Sachmangel hat. Ob der Sachmangel auf dem Versandweg entstanden ist, ist insofern egal.
Was ist ein Verbrauchsgüterkauf?
Ein Verbrauchsgüterkauf liegt vor, wenn Sie als Verbraucher (§ 13 BGB) von einem Unternehmer (§ 14 BGB) einen "beweglichen" Kaufgegenstand (zum Beispiel KFZ, Boot, Yacht, Kanu, Winterreifen, Fahrrad, Einbauküche, Flachbildfernseher, Spiegelschrank, Kleiderschrank, Sofa, Pferd, Jackrussel Terrier etc., nicht aber insbesondere ein Grundstück) kaufen. Ob der Unternehmer zusätzlich eine Dienstleistung erbringen muss wie zum Beispiel die Montage des gekauften Wandregals, ändert daran nichts (§ 474 Abs.1 S.2 BGB).
Beispiel: Sie kaufen für Ihren Privatgebrauch bei der Computerfachmarkt XYZ GmbH über deren Internetseite einen Laptop. Im Kaufvertrag ist standartmäßig vereinbart, dass der Laptop zu Ihnen nach Hause geschickt wird. Die Verkäuferin (dies ist die Computerfachmarkt XYZ GmbH) schickt Ihnen den Laptop über einen Paketlieferdienst zu. Als Sie das Paket entgegennehmen und öffnen stellen Sie fest, dass der Bildschirm des Laptops beschädigt ist. Wegen des beschädigten Bildschirms könnte Ihnen gegen den Verkäufer ein Anspruch auf Aufwendungsersatz zustehen. Darauf, ob der Bildschirm auf dem Versandweg beschädigt wurde oder schon vorher kaputt war, kommt es nicht an. Entscheidend ist hier allein, dass der Laptop (schon) bei der Übergabe an Sie beschädigt ist. Da der Laptop ein "beweglicher" Kaufgegenstand ist und Sie diesen als Verbraucher von einem Unternehmer kauften, liegt ein Verbrauchsgüterkauf vor. § 447 BGB ist gemäß § 475 Abs.2 BGB nicht anwendbar, da die dort geregelte (im Alltag fast nie vorkommende) Ausnahme nicht vorliegt.
Was ist, wenn vertraglich etwas anderes vereinbart wurde?
Bei einem Verbrauchsgüterkauf ist bezüglich einer - für Sie schlechten - Regelung, wonach § 447 Abs.1 BGB doch anwendbar ist (bzw. § 475 Abs.2 BGB nicht gilt), § 476 Abs. 3 BGB zu beachten. § 476 Abs.1 BGB steht einer solchen Regelung im Kaufvertrag wohl dann nicht entgegen, wenn sich die Regelung ausdrücklich nur auf Ihre Ansprüche als Käufer auf Aufwendungsersatz oder Aufwendungsersatz und Schadensersatz bezieht. Denn gemäß § 476 Abs.3 BGB gilt § 476 Abs.1 BGB - wohl insgesamt - nicht für Ansprüche des Käufers auf Aufwendungsersatz (und Schadensersatz).
Beispiele:
"Im Hinblick auf Ansprüche des Käufers auf Aufwendungsersatz gilt § 447 Abs.1 BGB."
"Im Hinblick auf Ansprüche des Käufers auf Schadensersatz und Aufwendungsersatz gilt § 447 Abs.1 BGB."
"§ 475 Abs.2 BGB gilt nicht für Ansprüche des Käufers auf Aufwendungsersatz."
"§ 475 Abs.2 BGB gilt nicht für Ansprüche des Käufers auf Schadensersatz und Aufwendungsersatz."
Sofern eine solche Regelung im Kaufvertrag aber nicht den einschränkenden Zusatz "Ansprüche des Käufers auf Aufwendungsersatz" oder "Ansprüche des Käufers auf Schadensersatz und Aufwendungsersatz" enthält (und sie sich damit insbesondere auch auf Ansprüche auf eine Reparatur bzw. einen Ersatz sowie das Recht zum Rücktritt bzw. zur Minderung bezieht), so gilt bei einem Verbrauchsgüterkauf wohl Folgendes:
Sofern es sich bei der Regelung um eine AGB handelt, ist sie in der Regel insgesamt gemäß § 476 Abs.1, 3 BGB unwirksam (wichtig: nicht aber automatisch auch die anderen AGBs). Der Verkäufer hat dann schon aus diesem Grund seine rechtliche Gestaltungsmöglichkeit, den "entscheidenden Zeitpunkt" zu Ihrem Nachteil vorzuverlegen, nicht genutzt (gut für Sie).
Sofern die Regelung individuell vereinbart wurde, dürfte unter Juristen streitig sein, ob sich der Verkäufer insgesamt nicht darauf berufen kann (gut für Sie) oder ob er sich doch bezüglich Ihres Anspruchs auf Aufwendungsersatz (aber auch nur darauf) auf sie berufen kann (schlecht für Sie).
§ 476 Abs.1 BGB steht einer solchen Regelung - egal ob als AGB oder individuell vereinbart - aber dann nicht entgegen, wenn diese getroffen wurde, nachdem Sie den Verkäufer über den Mangel informierten bzw. Sie von ihm über den Mangel informiert wurden (zum Beispiel im Rahmen eines Vergleichs zwischen Ihnen und dem Verkäufer).
Situation 2: Kein Verbrauchsgüterkauf
Liegt kein Verbrauchsgüterkauf vor (insbesondere bei einem Kauf von Privat), ist § 447 Abs.1 BGB grundsätzlich anwendbar. Ob seine Voraussetzungen jedoch auch vorliegen, kommt immer auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalles an.
Beispiel: Sie kaufen für Ihren Privatgebrauch beim Privatmann (Verkäufer) über www.ebay.de seinen Laptop. Der Verkäufer beauftragt wie vereinbart einen Paketlieferdienst mit dem Versand und übergibt diesem dazu den Laptop. Als Sie das Paket öffnen, stellen Sie fest, dass der Bildschirm des Laptops beschädigt ist.
Beschädigung schon vor dem Versand
War der Bildschirm schon vor der Übergabe an den Paketlieferdienst beschädigt, könnte Ihnen gegen den Verkäufer ein Anspruch auf Aufwendungsersatz zustehen. Denn die Voraussetzung des § 447 Abs.1 BGB, dass der Sachmangel auf dem Versandweg entstanden ist, liegt nicht vor.
Beschädigung auf dem Versandweg ohne Schuld des Verkäufers
War der Bildschirm zunächst nicht beschädigt, als der Verkäufer den Laptop gut verpackt an einen zuverlässigen Paketlieferdienst übergab, sondern wurde der Bildschirm erst aufgrund eines vom Verkäufer unverschuldeten Unfalls auf dem Versandweg zu Ihnen beschädigt, haben Sie gegen den Verkäufer keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz. Die Voraussetzungen des § 447 Abs.1 BGB liegen vor. Der Verkäufer war im Rahmen eines "Versendungskaufs" (Landgericht Berlin, Urteil vom 01.10.2003, Aktenzeichen 18 O 117/03) zum Versenden des Laptops an Sie verpflichtet. Der Verkäufer verpackte den Laptop ordnungsgemäß und wählte einen zuverlässigen Paketlieferdienst aus. Als der Verkäufer den Laptop gut verpackt an den Paketlieferdienst übergab, war der Laptop mangelfrei. Es hat sich eine typische Gefahr beim Versand, für die der Verkäufer keine Schuld hat, realisiert.
Beschädigung auf dem Versandweg wegen schlechter Verpackung
Wurde der Bildschirm des Laptops beschädigt, weil der Verkäufer den Laptop vor der Übergabe an den Paketlieferdienst schlecht verpackt hatte, könnte Ihnen gegen den Verkäufer ein Anspruch auf Aufwendungsersatz zustehen. Die Voraussetzungen des § 447 Abs.1 BGB liegen nicht vor. Der Verkäufer hat den Kaufgegenstand nicht ordnungsgemäß verpackt, bevor er diesen an die Versandperson übergab. Der Verkäufer hat Schuld für den Sachmangel.
Wer muss was beweisen im Hinblick auf den Sachmangel?
Bei der Frage danach, wer in einem Gerichtsverfahren beweispflichtig ist im Hinblick auf den Sachmangel, kann man unterscheiden zwischen allgemeinen Grundsätzen, Besonderheiten beim Verbrauchsgüterkauf und Besonderheiten beim Versendungskauf.
Allgemeine Grundsätze
Vor Gericht ist es grundsätzlich Ihre Aufgabe zu behaupten und - sofern der Verkäufer dies bestreitet - auch zu beweisen, dass (1) der Kaufgegenstand einen Sachmangel hat und zwar (2) bereits im entscheidenden Zeitpunkt. Einen Sachmangel können Sie - sofern dieser mit dem bloßen Auge erkannt werden kann - grundsätzlich insbesondere mit dem Kaufgegenstand selbst oder mittels Fotos beweisen (§§ 371 ff. ZPO). Ansonsten bedarf es gegebenenfalls eines Gutachtens vom gerichtlich ausgewählten Sachverständigen (§§ 402 ff. ZPO).
Besonderheiten beim Verbrauchsgüterkauf
Für Sie als Käufer ist die Tatsache (2) oft schwierig oder kaum möglich zu beweisen. Daher hat der Gesetzgeber in § 477 BGB zugunsten von Verbrauchern im Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufs (siehe oben) eine sogenannte "Beweislastumkehr" geregelt. Zeigt sich innerhalb von 6 Monaten seit der Übergabe bzw. Ihrem Annahmeverzug ein Sachmangel, so wird grundsätzlich vermutet, dass dieser Sachmangel schon in diesem entscheidenden Zeitpunkt vorgelegen hat bzw. dass der Sachmangel auf einem anderen, schon in diesem Zeitpunkt vorhandenen Sachmangel beruht, ohne dass Sie dies beweisen müssen (Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.10.2016, Aktenzeichen VIII ZR 103/15). Wenn Sie vor Gericht behaupten, (1) der Kaufgegenstand habe einen Sachmangel und (B) dieser Sachmangel habe sich innerhalb der 6 Monate gezeigt und der Verkäufer diese beiden Tatsachen bestreitet, wäre es grundsätzlich nur Ihre Aufgabe als Käufer, diese beiden Tatsachen (1 und B) zu beweisen.
Welche Beispiele gibt es?
Sie haben beim Elektrofachmarkt "Super-Elektro GmbH" für Ihren Privatgebrauch den letzten auf dem Markt verfügbaren Spezial-Laptop Mega-LapTop gekauft. Dafür haben Sie zudem eine Laptop Mouse gekauft. Nachdem Sie den Spezial-Laptop einige Tage benutzt haben, lässt er sich nicht mehr starten, weil sein Spezial-Akku defekt ist. Da der Verkäufer wegen exorbitant hoher Kosten für eine Reparatur (es gibt nunmehr weltweit kaum noch die nötigen Rohstoffe) eine solche ablehnt, bringen Sie den Spezial-Laptop und die Laptop Mouse zum Elektrofachmarkt zurück, erklären dort den Rücktritt vom Kaufvertrag über den Spezial-Laptop und verlangen die Erstattung der Kaufpreise für den Spezial-Laptop und die Laptop Mouse. Da der Verkäufer die beiden Kaufpreise nicht freiwillig erstattet, verklagen Sie den Verkäufer nach Ablauf einer gesetzten Frist auf Rückzahlung des Kaufpreises für den Spezial-Laptop sowie Zahlung von Aufwendungsersatz in Höhe des Kaufpreises für die Laptop Mouse. Damit Sie vor Gericht gewinnen könnten müssen Sie dort insbesondere behaupten und - wenn der Verkäufer dies bestreitet - auch beweisen, dass (1) der Akku defekt ist und (B) sich dies innerhalb von 6 Monaten nach der Übergabe an Sie zeigte. Zu Ihren Gunsten wird vermutet (ohne dass Sie auch dies beweisen müssen), dass (2) der Akku schon defekt war, als Ihnen der Laptop vom Kassierer übergeben wurde.
Am 23.02.2019 kaufen und erhalten Sie für sich privat vom KFZ-Händler (Verkäufer) ein KFZ. Etwa einen Monat später kommt es zu einem Motorschaden. Es stellt sich heraus, dass der Zahnriemen defekt ist. Es steht jedoch nicht fest, ob der Zahnriemen durch einen Fahrfehler von Ihnen defekt wurde, ob der Zahnriemen schon im Zeitpunkt der Übergabe des KFZ an Sie defekt war und ob der defekte Zahnriemen den Motorschaden verursacht hat. Damit Sie vor Gericht gewinnen könnten müssen Sie dort insbesondere behaupten und - wenn der Verkäufer dies bestreitet - auch beweisen, dass (1) das KFZ einen Motorschaden hat und (B) sich dies innerhalb von 6 Monaten seit der Übergabe des KFZ an Sie zeigte. Zu Ihren Gunsten wird vermutet (ohne dass Sie auch dies beweisen müssen), dass (2) der Zahnriemen schon bei der Übergabe des KFZ an Sie defekt war und dass (X) der defekte Zahnriemen den Motorschaden verursacht hat. Es wird also vermutet, dass das KFZ "den Sachmangel" schon bei der Übergabe an Sie hatte.
Ausnahmsweise keine Vermutung
In folgenden Fällen gilt die Vermutung des § 477 BGB ausnahmsweise nicht:
- Der Verkäufer beweist, dass der Kaufgegenstand den Sachmangel in dem entscheidenden Zeitpunkt noch nicht hatte.
- Die Vermutung ist unvereinbar mit der Art des Kaufgegenstandes
Beispiel: Sie kaufen vom Verkäufer eine verschlossene Kiste mit 50 Kilogramm Bananen. Damit möchten Sie für eine private Feierlichkeit bei Ihnen zu Hause Bananen-Smoothies machen. 8 Wochen nach der Übergabe öffnen Sie die Kiste und stellen fest, dass die Bananen braun verfärbt und matschig sind. Es wird nicht vermutet, dass die Bananen schon bei der Übergabe an Sie braun und matschig waren. Es ist nämlich gut denkbar, dass die Verschlechterung der Bananen erst danach eingetreten ist. Es wird Ihnen hier nicht gelingen zu beweisen, dass die Bananen schon bei Übergabe an Sie verdorben waren.
- Die Vermutung ist unvereinbar mit der Art des Mangels
Beispiel: Sie kaufen vom Verkäufer für Ihre Freizeit ein Pferd der Rasse "Westfale". 12 Wochen nach der Übergabe wird das Pferd krank. Es steht fest, dass die Inkubation 2 Wochen beträgt. Es wird nicht vermutet, dass das Pferd schon bei der Übergabe an Sie krank bzw. mit dem Krankheitserreger infiziert war. Denn wegen der Inkubationszeit steht fest, dass sich das Pferd mit dem Krankheitserreger erst 10 Wochen nach der Übergabe an Sie infizierte.
Besonderheiten im Rahmen eines Versendungskaufs
Sofern § 447 Abs.1 BGB anwendbar ist und seine Voraussetzungen vorliegen, gilt Folgendes:
Beweislast für Übergabe an Versandperson
Wenn der Verkäufer vor Gericht behauptet, er habe den Kaufgegenstand an die Versandperson übergeben und Sie dies (insbesondere mit "Nichtwissen") bestreiten, so wäre es grundsätzlich die Aufgabe des Verkäufers, dies zu beweisen.
Beweislast für Sachmangel bei Übergabe an Versandperson
Wer von Ihnen vor Gericht behaupten und - sofern die Gegenseite dies bestreitet - auch beweisen muss, ob der Kaufgegenstand schon im Zeitpunkt der Übergabe an die Versandperson den Sachmangel hatte, hängt insbesondere davon ab, wie Sie sich bei der Übergabe des Kaufgegenstandes an Sie verhalten.
Situation: Entgegennahme unter Vorbehalt und unverzügliche Beschwerde
Als der Paketlieferdienst Ihnen das Paket mit dem Laptop übergibt, bemerken Sie, dass das Paket beschädigt ist. In Anwesenheit des Mitarbeiters des Paketlieferdienstes öffnen Sie das Paket und stellen fest, dass der Bildschirm des Laptops beschädigt ist. Daraufhin unterschreiben Sie den Erhalt nicht einfach nur. In das Textfeld für die Unterschrift schreiben Sie auch "Bildschirm beschädigt. Entgegennahme daher nur unter Vorbehalt". Zudem teilen Sie dies zusätzlich unverzüglich dem Verkäufer mit. In einem solchen Fall ist es vor Gericht wohl grundsätzlich nur Ihre Aufgabe, die Beschädigung zu behaupten und - sofern der Verkäufer diese bestreitet - auch zu beweisen. Hingegen wäre es grundsätzlich wohl die Aufgabe des Verkäufers zu behaupten und - wenn Sie dies (insbesondere mit "Nichtwissen") bestreiten - auch zu beweisen, dass der Kaufgegenstand nicht schon beschädigt war, als er diesen an die Versandperson übergab.
Situation: Entgegennahme ohne Vorbehalt und ohne unverzügliche Beschwerde
Als der Paketlieferdienst Ihnen das Paket mit dem Laptop übergibt, bemerken Sie, dass das Paket beschädigt ist. In Anwesenheit des Mitarbeiters des Paketlieferdienstes öffnen Sie das Paket und stellen fest, dass der Bildschirm des Laptops beschädigt ist. Sie unterschreiben den Erhalt und nehmen den Laptop ohne Vorbehalt entgegen. Zudem benutzen Sie den Laptop einige Monate, ohne sich beim Verkäufer zu beschweren. Erst später teilen Sie dem Verkäufer mit, dass der Bildschirm schon im Zeitpunkt der Übergabe an Sie beschädigt war. In einem solchen Fall ist es vor Gericht grundsätzlich wohl nicht nur Ihre Aufgabe, die Beschädigung zu behaupten und - sofern der Verkäufer diese bestreitet - auch zu beweisen. Zudem ist es grundsätzlich wohl auch Ihre Aufgabe zu behaupten und - sofern der Verkäufer dies bestreitet - zu beweisen, dass die Beschädigung schon vorhanden war, als der Verkäufer den Laptop an die Versandperson übergab. Letzteres wird Ihnen in aller Regel (wenn Sie nicht etwa einen Zeugen wie zum Beispiel den Mitarbeiter des Paketlieferdienstes haben) kaum gelingen. Warten Sie daher nicht zu lange mit der Reklamation!
Was ist ein Rechtsmangel und wann muss dieser vorliegen?
Wann ein Rechtsmangel vorliegt, ist in § 435 BGB geregelt. Insbesondere nach seinem Satz 1 liegt ein Rechtsmangel vor, wenn Dritte in Bezug auf den Kaufgegenstand Rechte Ihnen gegenüber geltend machen können, die nicht im Kaufvertrag geregelt wurden. Sie bekommen also an dem Kaufgegenstand nicht die Rechtsposition, die nach dem Inhalt des Kaufvertrages vorgesehen ist.
Welche Beispiele gibt es für einen Rechtsmangel?
Sie erwerben vom Verkäufer ein Grundstück samt Mehrfamilienhaus. Die Wohnungen möchten Sie an Freunde vermieten. Die Wohnungen sind aber bereits alle an andere Mieter vermietet. Dies wussten Sie nicht und dies ergibt sich insbesondere auch nicht aus dem notariellen Kaufvertrag. Das Grundstück (samt Mehrfamilienhaus) weist einen Rechtsmangel auf. Denn die anderen Mieter können gemäß § 566 BGB Ihnen gegenüber darauf bestehen, dort erst einmal weiter zur Miete wohnen zu dürfen.
Wichtigstes Beispiel dafür, wann kein Rechtsmangel vorliegt: Sie kaufen vom Verkäufer ein Fahrrad. Das Fahrrad hatte der Verkäufer dem Eigentümer gestohlen. Dies ist Ihnen erst einige Monate, nachdem der Verkäufer Ihnen das gestohlene Fahrrad zum Behalten übergab, klar geworden. Der Eigentümer hat sein Fahrrad nämlich wiedererkannt, als Sie damit unterwegs waren, und Sie entsprechend aufgeklärt. Sie haben das Eigentum an dem Fahrrad nicht erworben, weil es gestohlen wurde (§ 935 Abs.1 S.1, 1. Alt. BGB). Sie haben - weil kein "Mangel" vorliegt - gegen den Verkäufer keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz gemäß §§ 437 Nr.3, 280 Abs.1, 3, 283, 284 BGB.
Wann muss ein Rechtsmangel vorliegen?
Damit Sie wegen eines Rechtsmangels gegen den Verkäufer einen Anspruch auf Aufwendungsersatz haben könnten, muss der Rechtsmangel bereits im Zeitpunkt des "Eigentumserwerbs" vorgelegen haben. Was Viele nicht wissen: Durch den bloßen Abschluss eines Kaufvertrages werden Sie nicht Eigentümer des Kaufgegenstandes! Wann und unter welchen Voraussetzungen Sie das Eigentum erwerben, ergibt sich bei "beweglichen" Kaufgegenständen aus §§ 929 ff. BGB und bei Grundstücken aus §§ 873, 925 BGB. Aber keine Sorge! Im Alltag erwerben Sie in aller Regel "problemlos" das Eigentum. Dabei müssen Sie sich dann keine Gedanken machen über die nicht einfach zu verstehenden Vorschriften zum Eigentumserwerb.
Beispiel: Sie möchten ein neues Smartphone kaufen. Dazu gehen Sie zum Handygeschäft "Exklusiv-Handy GmbH". Dort finden Sie ein tolles Smartphone, welches Sie gerne haben möchten. Sie gehen mit dem Smartphone zur Kasse. Der Kassierer scannt das Preisetikett ein und Sie geben ihm die 299 EUR. Sie verabschieden sich und verlassen das Handygeschäft mit dem Smartphone. Es ist insbesondere Folgendes geschehen:
- Sie und die Exklusiv-Handy GmbH haben einen Kaufvertrag über das Smartphone für 299 EUR abgeschlossen.
- Sie haben von der Exklusiv-Handy GmbH das Eigentum am Smartphone erworben.
Voraussetzung Nr. 3: Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit erst nach Abschluss des Kaufvertrages
Allgemeines
Die Reparatur bzw. der Ersatz müssen erst nach Abschluss des Kaufvertrages unmöglich (§ 275 Abs.1 BGB) oder für den Verkäufer unzumutbar (§ 275 Abs.2 oder Abs. 3 BGB) geworden sein. Sofern nur eine Unzumutbarkeit vorliegt, ist es für Ihren oben genannten Anspruch auf Aufwendungsersatz erforderlich, dass sich der Verkäufer darauf beruft.
Beispiele
Beispiel 1: Sie kaufen vom Verkäufer eine Motoryacht, von der weltweit nur vier Stück produziert wurden. Aufgrund eines Konstruktionsfehlers beim Motor kam es, nachdem Sie nur wenige Wochen Freude an Ihrer Motoryacht hatten, nachts zu einem Kurzschluss und dadurch zu einem Brand. Die Motoryacht wurde vollständig zerstört. Die übrigen drei Motoryachten wurden zwischenzeitlich verkauft und sind am Markt nicht mehr verfügbar. Sowohl eine Reparatur der Motoryacht als auch ein Ersatz sind nach Abschluss des Kauvertrages unmöglich geworden.
Beispiel 2: Sie kaufen vom Verkäufer eine Motoryacht, von der weltweit nur vier Stück produziert wurden. Aufgrund eines Konstruktionsfehlers ist die Motoryacht, nachdem Sie nur wenige Wochen Freude an Ihrer Motoryacht hatten, auf hoher See gesunken und liegt nun in einer Tiefe von über viertausend Metern auf dem Meeresboden. Die Bergung würde ein Vermögen kosten. Die übrigen drei Motoryachten wurden zwischenzeitlich verkauft. Nur einer der drei Eigentümer wäre zum Verkauf seiner bisher noch nicht genutzten Motoryacht bereit. Dafür verlangt er aber einen exorbitant hohen Kaufpreis. Sowohl eine Reparatur der Motoryacht als auch ein Ersatz sind nach Abschluss des Kauvertrages für den Verkäufer unzumutbar geworden.
Hinweise
Falls eine Reparatur bzw. ein Ersatz doch möglich und für den Verkäufer zumutbar sind, haben Sie zwar keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz gemäß §§ 437 Nr.3, 280 Abs.1, 3, 283, 284 BGB. Dasselbe gilt bei bloßer Unzumutbarkeit, sofern und solange der Verkäufer sich darauf nicht beruft. Aus Gründen der rechtlichen Vorsicht sollten Sie immer eine Frist zur Reparatur bzw. zum Ersatz setzen, wenn für Sie nicht sicher feststeht, dass beides unmöglich bzw. für den Verkäufer unzumutbar (geworden) ist bzw. bei bloßer Unzumutbarkeit der Verkäufer sich darauf berufen wird. Denn dann könnte Ihnen gegebenenfalls ein Anspruch auf Aufwendungsersatz gemäß §§ 437 Nr.3, 280 Abs.1, 3, 281, 284 BGB zustehen. Falls Sie dem Verkäufer in einem solchen Fall eine Frist setzen, obwohl dies nicht nötig ist, ist dies nicht schlimm. Falls Sie dem Verkäufer keine Frist setzen, obwohl dies nötig ist, haben Sie in aller Regel ein rechtliches Problem.
Falls die Reparatur und der Ersatz schon bei Abschluss des Kaufvertrages unmöglich oder - sofern sich der Verkäufer darauf beruft - für ihn unzumutbar gewesen sind, haben Sie zwar keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz gemäß §§ 437 Nr.3, 280 Abs.1, 3, 283, 284 BGB. Ein solcher Anspruch könnte Ihnen aber gegebenenfalls gemäß §§ 437 Nr.3, 311 a Abs.2, 284 BGB zustehen.
Voraussetzung Nr. 4: Bestimmte Aufwendung
Damit Sie gegen den Verkäufer einen Anspruch auf einen Aufwendungsersatz haben könnten, müssen Sie eine bestimmte "Aufwendung" gemacht haben.
Aufwendung
Unter einer "Aufwendung" versteht man vorliegend insbesondere eine Zahlung bzw. zumindest die Eingehung einer Zahlungsplicht im Zusammenhang mit dem mangelhaften Kaufgegenstand. Wichtig: Keine Aufwendung in diesem Sinne ist die Zahlung des Kaufpreises für den mangelhaften Kaufgegenstand selbst.
Beispiele für Aufwendungen sind:
- Finanzierungskosten (das sind insbesondere Kosten für die Aufnahme eines
Darlehens zur Finanzierung des Kaufpreises)
- Versand- bzw. Überführungskosten
- Reisekosten
- Übernachtungskosten
- Zulassungskosten für ein KFZ
- Kosten für eine Extra-Ausstattung
- Einbaukosten
Anforderungen an die Aufwendung
Nicht jede Aufwendung im Zusammenhang mit dem mangelhaften Kaufgegenstand führt zu einem Anspruch auf Aufwendungsersatz. Vielmehr müssen für einen solchen Anspruch zumindest folgende Anforderungen an die Aufwendung erfüllt sein:
Vertrauen
Sie müssen die Aufwendung im Vertrauen auf den Erhalt des Kaufgegenstandes ohne den Mangel getätigt haben. Sie müssen also eine Zahlung geleistet bzw. eine Zahlungspflicht eingegangen sein, bevor Sie von dem Mangel beim Kaufgegenstand erfahren haben.
Nutzlosigkeit
Die Aufwendung muss für Sie im Ergebnis "nutzlos" sein. Dies ist vorliegend insbesondere grundsätzlich dann der Fall, wenn Sie den Kaufgegenstand wegen Ihrer Mangelhaftigkeit an den Verkäufer zurückgeben oder diesen jedenfalls nicht bestimmungsgemäß nutzen können und Sie deshalb von der Aufwendung nichts haben (Bundesgerichtshof, Urteil vom 13.07.2016, Aktenzeichen VIII 49/15).
Keine Zweckverfehlung
Zudem dürfte Ihre Aufwendung - hätten Sie den Kaufgegenstand ohne den Mangel erhalten - nicht "zweckverfehlt" sein. Dies bedeutet, dass Sie von der Aufwendung wirklich etwas haben müssten, wenn Sie den Kaufgegenstand ohne den Mangel erhalten hätten. Eine Zweckverfehlung liegt zum Beispiel dann vor, wenn Sie für das gekaufte mangelhafte KFZ zusätzlich Sommerreifen kaufen, von denen Sie nichts haben, weil die Sommerreifen nicht an das KFZ passen.
Es wird zunächst einmal vermutet, dass keine Zweckverfehlung vorliegt (gut für Sie). Gegebenenfalls kann der Verkäufer in einem Gerichtsverfahren die Vermutung aber widerlegen.
Voraussetzung Nr. 5: Schuld des Verkäufers
Zudem ist es grundsätzlich erforderlich, dass der Verkäufer Schuld hat.
Muss ich die Schuld des Verkäufers beweisen?
Nein. Die Schuld des Verkäufers wird gemäß § 280 Abs.1 S.2 BGB zunächst einmal vermutet (gut für Sie). Kommt es zu einem Gerichtsverfahren, wäre es die Aufgabe des Verkäufers zu erläutern und zu beweisen, dass er keine Schuld hat, damit die Vermutung ausnahmsweise nicht gilt.
Wie könnte der Verkäufer das Gericht von seiner "Unschuld" überzeugen?
Im Gegensatz zum Strafrecht sagt man als Jurist im Zivilrecht zwar nicht "Unschuld". Der richtige juristische Begriff ist "Exkulpation". Egal wie man es auch korrekt bezeichnet, wichtig für Sie ist es zu wissen, welche Tatsachen der Verkäufer behaupten und beweisen muss, um ein Gericht davon zu überzeugen. Damit der Verkäufer keinen Aufwendungsersatz gemäß §§ 437 Nr.3, 280 Abs.1, 3, 283, 284 BGB leisten muss, hat er zu behaupten und zu beweisen, dass er keine Schuld dafür hat, dass eine Reparatur bzw. ein Ersatz nach Abschluss des Kaufvertrages unmöglich bzw. für ihn unzumutbar geworden sind.
Hinweis: Sofern von den beiden Arten der Nacherfüllung (Reparatur und Ersatz) eine Art schon bei Abschluss des Kaufvertrages unmöglich oder für den Verkäufer unzumutbar gewesen ist, so hat er diesbezüglich zu behaupten und zu beweisen, dass er bei Abschluss des Kaufvertrages nicht wusste oder hätte wissen müssen, dass diese Art der Nacherfüllung unmöglich oder für ihn unzumutbar sein wird.
Voraussetzung Nr. 6: Anspruch ist nicht vertraglich oder gesetzlich ausgeschlossen
Zudem darf Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz weder vertraglich noch gesetzlich ausgeschlossen sein.
Vertraglicher Ausschluss
Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz ist vertraglich ausgeschlossen, wenn Sie dies mit dem Verkäufer wirksam individuell vereinbart haben oder dies in einer Allgemeinen Geschäftsbedingung (AGB) geregelt ist, welche wirksamer Bestandteil des Kaufvertrages ist.
Typische Formulierungen für einen Ausschluss
Im Alltag versucht der Verkäufer im Kaufvertrag häufig, Ihre Gewährleistungsrechte vollständig auszuschließen (und damit auch Ihren Anspruch auf Aufwendungsersatz).
Typische Formulierungen sind:
"Der Verkäufer und der Käufer vereinbaren, dass der Kaufgegenstand unter Ausschluss der Gewährleistung verkauft wird."
"Die Gewährleistung wird ausgeschlossen."
"Gekauft wie gesehen."
Wirksamkeit eines Ausschlusses
Ob ein Gewährleistungsausschluss wirksam ist, hängt insbesondere davon ab, ob Sie diesen mit dem Verkäufer individuell vereinbart haben oder dieser in einer AGB geregelt ist.
Individueller Ausschluss
Ein Gewährleistungsausschluss wurde individuell vereinbart, wenn insbesondere Sie als Käufer damit einverstanden waren und tatsächlich die Möglichkeit hatten, den Inhalt dieser konkreten Regelung wirklich zu beeinflussen. Ob eine Regelung individuell vereinbart wurde oder ob es sich bei ihr um eine AGB handelt, ist im Einzelfall nicht immer einfach festzustellen. Sofern der Verkäufer in einem Gerichtsverfahren behauptet, der Gewährleistungsausschluss sei keine AGB, sondern individuell mit Ihnen vereinbart worden, und Sie dies bestreiten, wäre es grundsätzlich die Aufgabe des Verkäufers, seine Behauptung zu beweisen (Bundesgerichtshof, Urteil vom 03.04.1998, Aktenzeichen V ZR 6-97).
Ausschluss durch AGB
Sofern Sie und der Verkäufer einen Gewährleistungsausschluss nicht individuell vereinbart haben, handelt es sich dabei nicht automatisch um eine AGB, die wirksamer Bestandteil des Kaufvertrages geworden ist. Wann eine AGB vorliegt und wann diese AGB wirksamer Bestandteil des Kaufvertrages ist, richtet sich nach den §§ 305 ff. BGB.
Wichtige Beispiele für nicht geltenden Ausschluss
In folgenden Fällen gilt ein Ausschluss nicht (Sie haben Glück gehabt!):
Arglistiges Verschweigen des Mangels
Der Verkäufer kann sich bezüglich eines konkreten Mangels nicht auf einen individuell vereinbarten Ausschluss Ihres Anspruchs auf Aufwendungsersatz berufen bzw. eine entsprechende AGB ist insofern unwirksam, als der Verkäufer diesen Mangel Ihnen gegenüber arglistig verschwiegen hat (§ 444 1. Alt. BGB bzw. § 307 Abs.2 Nr.1 i.V.m. § 444 1. Alt. BGB).
Für ein arglistiges Verschweigen reicht es aus, dass der Verkäufer den Mangel für möglich hält und es ihm egal ist, ob Sie den Mangel kennen und den Kaufvertrag dann nicht oder nicht mit demselben Inhalt abschließen würden (Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.04.2013, Aktenzeichen V ZR 266/11).
Anderslautende Garantie
Der Verkäufer kann sich bezüglich eines konkreten Mangels auch nicht auf einen individuell vereinbarten Ausschluss Ihres Anspruchs auf Aufwendungsersatz berufen bzw. eine entsprechende AGB ist insofern unwirksam, als der Verkäufer diesbezüglich eine anderslautende Garantie gegeben hat (§ 444 2. Alt. BGB bzw. § 307 Abs.2 Nr.1 i.V.m. § 444 2. Alt. BGB)
Beispiel: Sie kaufen vom Verkäufer ein KFZ. Im Kaufvertrag kreuzt der Verkäufer "Keine Vorschäden" an. Tatsächlich hat das KFZ erhebliche Vorschäden. Dabei dürfte es sich um eine anderslautende Garantie handeln. Eine Garantie liegt aber dann nicht vor, wenn "keine Vorschäden" ohne den Zusatz wie zum Beispiel "laut Vorbesitzer" enthält. Denn dann handelt es sich um eine bloße Wissensmitteilung des Verkäufers (Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.03.2008, Aktenzeichen VIII ZR 253/05).
Leben, Körper, Gesundheit
Sofern der Verkäufer mit Ihnen vereinbart hat, dass Ihre Gewährleistung ausgeschlossen oder begrenzt ist (auch) für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, die auf einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Pflichtverletzung des Verkäufers oder einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Pflichtverletzung seiner gesetzlichen Vertreter oder Erfüllungsgehilfen beruhen, wird wie folgt unterschieden:
AGB
Wurde die Vereinbarung mittels AGB getroffen, kommt es für die Wirksamkeit dieser AGB darauf an, ob Sie den Kaufvertrag als Privatperson oder Unternehmer (§ 14 BGB) abgeschlossen haben.
Haben Sie den Kaufvertrag als Privatperson abgeschlossen, ist eine solche AGB des Verkäufers (wichtig: nicht aber automatisch auch die anderen AGBs) unwirksam (§ 309 Nr.7 a, § 307 Abs.2 Nr.1 i.V.m. § 276 Abs.3 BGB). Weil die drei oben genannten typischen Formulierungen Ihre Gewährleistung (auch) für solche Schäden (Leben, Körper, Gesundheit) ausschließen, sind sie unwirksam, sofern sie als AGB vereinbart wurden! Obwohl es im Kaufvertrag anders geregelt ist, könnten Sie gegen den Verkäufer doch einen Anspruch auf Aufwendungsersatz haben! Merken Sie sich: Nicht alles, was schwarz auf weiß steht, ist immer richtig.
Haben Sie den Kaufvertrag als Unternehmer (§ 14 BGB) abgeschlossen, ist eine solche AGB des Verkäufers - mangels direkter Anwendbarkeit (§ 310 Abs.1 BGB) - zwar nicht direkt gemäß § 309 BGB unwirksam. Ihre Unwirksamkeit ergibt sich aber grundsätzlich aus §§ 310 Abs.1 S.2, 307 Abs.2 Nr.1 BGB, es sei denn, die AGB kann wegen der besonderen Interessen und Bedürfnisse des unternehmerischen Geschäftsverkehrs ausnahmsweise als angemessen angesehen werden (Bundesgerichtshof, Versäumnisurteil vom 19.09.2007, Aktenzeichen VIII ZR 141/06). Dies ist immer eine Frage des Einzelfalles.
Individuelle Vereinbarung
Wurde die Vereinbarung individuell getroffen, ist sie - abgesehen vom Ausschluss für Vorsatz - wirksam (Oberlandesgericht Frankfurt a.M., Urteil vom 27.08.2017, Aktenzeichen 15 U 7/12). Sie könnten also allenfalls bei Vorsatz des Verkäufers einen Anspruch auf Aufwendungsersatz haben. Denn eine Haftung für eigenen Vorsatz kann im Vorfeld nicht wirksam ausgeschlossen werden (§ 276 Abs.3 BGB). Eine solche Vereinbarung wird (im Gegensatz zur Situation bei einer AGB) dann mit dem Ziel ihrer Wirksamkeit so ausgelegt, dass ein Ausschluss für Vorsatz davon nicht umfasst ist. Wenn Sie vor Gericht behaupten, der Verkäufer habe den Mangel gekannt und vorsätzlich verschwiegen, so wird er dies gegebenenfalls bestreiten. In einem solchen Fall wäre es grundsätzlich Ihre Aufgabe, die Kenntnis und den Vorsatz des Verkäufers zu beweisen. Dies ist in aller Regel nicht einfach.
Vorsätzliche oder grob fahrlässige Pflichtverletzung
Sofern der Verkäufer mit Ihnen vereinbart hat, dass Ihre Gewährleistung ausgeschlossen oder begrenzt ist (auch) für sonstige Schäden, die auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Verkäufers oder einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung seiner gesetzlichen Vertreter oder Erfüllungsgehilfen beruhen, wird ebenfalls wie folgt unterschieden:
AGB
Wurde die Vereinbarung mittels AGB getroffen, kommt es auch hier für die Wirksamkeit dieser AGB darauf an, ob Sie den Kaufvertrag als Privatperson oder Unternehmer (§ 14 BGB) abgeschlossen haben.
Haben Sie den Kaufvertrag als Privatperson abgeschlossen, ist eine solche AGB des Verkäufers (wichtig: nicht aber automatisch auch die anderen AGBs) unwirksam (§ 309 Nr.7 b, § 307 Abs.2 Nr.1 i.V.m. § 276 Abs.3 BGB). Weil die drei oben genannten typischen Formulierungen Ihre Gewährleistung (auch) für solche sonstigen Schäden ausschließen, sind sie unwirksam, sofern sie als AGB vereinbart wurden! Obwohl es im Kaufvertrag anders geregelt ist, könnten Sie gegen den Verkäufer doch einen Anspruch auf Aufwendungsersatz haben! Auch hier gilt: Nicht alles, was schwarz auf weiß steht, ist immer richtig.
Haben Sie den Kaufvertrag als Unternehmer (§ 14 BGB) abgeschlossen, ist eine solche AGB des Verkäufers - mangels direkter Anwendbarkeit (§ 310 Abs.1 BGB) - zwar nicht direkt gemäß § 309 BGB unwirksam. Ihre Unwirksamkeit ergibt sich aber ebenfalls grundsätzlich aus §§ 310 Abs.1 S.2, 307 Abs.2 Nr.1 BGB, es sei denn, die AGB kann wegen der besonderen Interessen und Bedürfnisse des unternehmerischen Geschäftsverkehrs ausnahmsweise als angemessen angesehen werden (Bundesgerichtshof, Versäumnisurteil vom 19.09.2007, Aktenzeichen VIII ZR 141/06). Auch hier kommt es immer auf den Einzelfall drauf an.
Individuelle Vereinbarung
Wurde die Vereinbarung individuell getroffen, ist sie - abgesehen vom Ausschluss für Vorsatz - wirksam (Oberlandesgericht Frankfurt a.M., Urteil vom 27.08.2017, Aktenzeichen 15 U 7/12). Sie könnten also allenfalls bei Vorsatz des Verkäufers einen Anspruch auf Aufwendungsersatz haben. Denn eine Haftung für eigenen Vorsatz kann im Vorfeld nicht wirksam ausgeschlossen werden (§ 276 Abs.3 BGB). Eine solche Vereinbarung wird (im Gegensatz zur Situation bei einer AGB) dann mit dem Ziel ihrer Wirksamkeit so ausgelegt, dass ein Ausschluss für Vorsatz davon nicht umfasst ist. Wenn Sie vor Gericht behaupten, der Verkäufer habe den Mangel gekannt und vorsätzlich verschwiegen, so wird er dies gegebenenfalls bestreiten. In einem solchen Fall wäre es grundsätzlich Ihre Aufgabe, die Kenntnis und den Vorsatz des Verkäufers zu beweisen. Dies ist in aller Regel nicht einfach.
Neu hergestellter Kaufgegenstand
Sofern Sie einen neu hergestellten Kaufgegenstand kaufen, ist bei einer AGB zur Gewährleistung zudem insbesondere § 309 Nr.8 b) BGB bzw. § 310 Abs.1 S.1 BGB i.V.m. § 307 Abs.2 Nr.1 BGB zu beachten. Auch hieraus ergibt sich, wann eine solche AGB unwirksam sein kann.
Verbrauchsgüterkauf
Sofern Sie den Kaufgegenstand im Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufs gekauft haben, ist zudem die Verbraucherschutzvorschrift § 476 Abs.1, 3 BGB zu beachten. Kann sich der Verkäufer bei einem Verbrauchsgüterkauf - unter dem Gesichtspunkt "Verbraucherschutz" - auf einen Ausschluss Ihres Anspruchs auf Aufwendungsersatz berufen bzw. ist dieser wirksam? Genau dies bestimmt sich nach § 476 Abs.1, 3 BGB. Achtung! Auch wenn einem Ausschluss Ihres Anspruchs auf Aufwendungsersatz § 476 Abs.1, 3 BGB nicht entgegenstehen sollte, so heißt dies nicht, dass eine solche Regelung mit den anderen oben dargestellten Vorschriften des BGB (unabhängig vom Verbraucherschutzrecht) vereinbar ist. Denn das Verbraucherschutzrecht stellt einen Käufer selbstverständlich nicht schlechter als einen Käufer außerhalb des Verbrauchsgüterkaufs.
Ob § 476 Abs.1, 3 BGB einer solchen Regelung entgegensteht hängt davon, wann diese Regelung vereinbart wurde, was in der Regelung vereinbart ist und ob es sich bei der Regelung um eine AGB handelt bzw. diese individuell vereinbart wurde.
Wann muss eine solche Regelung vereinbart worden sein, damit dieser die Verbraucherschutzvorschrift nicht entgegensteht?
§ 476 Abs.1,3 BGB steht einer solchen Regelung - egal ob als AGB oder individuell vereinbart - dann nicht entgegen, wenn diese getroffen wurde, nachdem Sie den Verkäufer über den Mangel informierten bzw. Sie von ihm über den Mangel informiert wurden (zum Beispiel im Rahmen eines Vergleichs zwischen Ihnen und dem Verkäufer).
Was muss in einer solchen Regelung vereinbart sein, damit dieser die Verbraucherschutzvorschrift nicht entgegensteht?
Die Verbraucherschutzvorschrift (aber auch nur diese!) steht zum Beispiel folgender Regelung nicht entgegen:
"Ansprüche des Käufers auf Aufwendungsersatz sind ausgeschlossen."
"Ansprüche des Käufers auf Schadensersatz und Aufwendungsersatz sind ausgeschlossen."
Dies ergibt sich aus § 476 Abs.3 BGB. Denn § 476 Abs.3 BGB bestimmt, dass § 476 Abs.1 BGB nicht gilt für den Ausschluss des Anspruchs des Käufers auf Aufwendungsersatz (und Schadensersatz).
Mit welchem Inhalt wäre eine solche Regelung gegebenenfalls nicht vereinbar mit der Verbraucherschutzvorschrift?
Im Alltag enthalten Kaufverträge oftmals eine Regelung, wonach nicht nur die Ansprüche auf Aufwendungsersatz und Schadensersatz ausgeschlossen sind, sondern insbesondere auch Ansprüche auf eine Reparatur bzw. einen Ersatz sowie das Recht zum Rücktritt bzw. zur Minderung.
Beispiele für typische Formuliergen:
"Der Verkäufer und der Käufer vereinbaren, dass der Kaufgegenstand unter Ausschluss der Gewährleistung verkauft wird."
"Die Gewährleistung wird ausgeschlossen."
"Gekauft wie gesehen."
Was bei einem Verbrauchsgüterkauf für eine solche Regelung gilt, entscheidet sich danach, ob es sich dabei um eine AGB handelt oder nicht.
AGB
Sofern es sich bei einer solchen Regelung um eine AGB handelt, ist sie in der Regel insgesamt gemäß § 476 Abs.1, 3 BGB unwirksam (wichtig: nicht aber automatisch auch die anderen AGBs). Der Verkäufer hat dann schon aus diesem Grund seine rechtliche Gestaltungsmöglichkeit, Ihren Anspruch auf Aufwendungsersatz im Kaufvertrag wirksam auszuschließen, nicht genutzt.
Individuelle Vereinbarung
Sofern die Regelung individuell vereinbart wurde, ist unter Juristen streitig, ob sich der Verkäufer insgesamt wegen § 476 Abs.1, 3 BGB nicht darauf berufen kann (gut für Sie) oder ob er sich doch bezüglich Ihres Anspruchs auf Aufwendungsersatz (aber auch nur diesbezüglich) auf sie berufen kann (schlecht für Sie). Diese Frage ist bisher höchstrichterlich nicht geklärt!
Gesetzlicher Ausschluss
Es gibt einige Vorschriften, wonach Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz gesetzlich ausgeschlossen sein kann.
Kenntnis vom Mangel
Zum Beispiel ist Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz für jeden Mangel, den Sie bei Abschluss des Kaufvertrages wirklich kannten, gemäß § 442 Abs.1 S.1 BGB ausgeschlossen.
Allgemeines
Dies gilt auch dann, wenn der Verkäufer den Mangel Ihnen gegenüber arglistig verschwiegen oder eine anderslautende Garantie gegeben hat. Sofern der Verkäufer in einem Gerichtsverfahren behauptet, Sie hätten den Mangel bei Abschluss des Kaufvertrages gekannt und Sie dies bestreiten, so wäre es grundsätzlich die Aufgabe des Verkäufers, seine Behauptung zu beweisen. Selbstverständlich sollten Sie auch vor Gericht nicht vorsätzlich die Unwahrheit sagen. Denn ansonsten machen Sie sich gegebenenfalls strafbar wegen Prozessbetrugs gemäß § 263 StGB (und zwar dann, wenn Sie wegen der Lüge vor Gericht gewinnen) oder wegen versuchten Prozessbetrugs gemäß §§ 263, 22, 23 StGB (und zwar dann, wenn Sie zwar gelogen haben, um vor Gericht zu gewinnen, der Richter dies aber bemerkte und Sie vor Gericht verlieren).
Selbstverständlich ist Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz für einen anderen Mangel, den Sie nicht kannten, nicht gemäß § 442 Abs.1 S.1 BGB ausgeschlossen.
Welche Beispiele gibt es?
Beispiel: Es gibt nur einen Mangel
Sie haben vom Verkäufer ein gebrauchtes KFZ gekauft. Bevor Sie den Kaufvertrag unterschreiben, haben Sie bemerkt, dass das Dach des KFZ einen Hagelschaden hat. Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz wegen des beschädigten Daches ist gemäß § 442 Abs.1 S.1 BGB ausgeschlossen. Denn vor Abschluss des Kaufvertrages kannten Sie diesen Mangel.
Beispiel: Es gibt mehrere Mängel
Sie haben vom Verkäufer ein gebrauchtes KFZ gekauft. Bevor Sie den Kaufvertrag unterschreiben, haben Sie bemerkt, dass das Dach des KFZ einen Hagelschaden hat. Nicht bemerkt haben Sie, dass ein Scheinwerferlicht defekt ist. Im Hinblick auf das beschädigte Dach ist Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz gemäß § 442 Abs.1 S.1 BGB ausgeschlossen. Denn vor Abschluss des Kaufvertrages kannten Sie diesen Mangel. Im Hinblick auf den defekten Scheinwerfer ist Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz nicht gemäß § 442 Abs.1 S.1 BGB ausgeschlossen. Denn vor Abschluss des Kaufvertrages kannten Sie diesen Mangel nicht.
Grob fahrlässige Unkenntnis
Ein weiteres Beispiel dafür, wann Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz gesetzlich ausgeschlossen sein kann, ergibt sich aus § 442 Abs.1 S.2 BGB.
Allgemeines
Nach § 442 Abs.1 S.2 BGB ist Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz für jeden Mangel, den Sie infolge grober Fahrlässigkeit nicht bemerkt haben vor Abschluss des Kaufvertrages, grundsätzlich ausgeschlossen. Falls Sie den Mangel nur einfach fahrlässig nicht bemerkt haben, ist Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz jedoch nicht gemäß § 442 Abs.1 S.2 BGB ausgeschlossen. Grobe Fahrlässigkeit liegt dann vor, wenn - salopp formuliert - jedem Depp der Mangel hätte auffallen müssen. In aller Regel ist es nicht Ihre Aufgabe, den Kaufgegenstand vor Abschluss des Kaufvertrages auf Mängel zu untersuchen. Sofern jedoch konkrete Anhaltspunkte für Sie vorliegen, wonach der Kaufgegenstand einen Mangel haben könnte, wäre es Ihre Aufgabe, etwas genauer hinzuschauen bzw. beim Verkäufer nachzufragen, um eine grobe Fahrlässigkeit zu verhindern. Ob grobe Fahrlässigkeit oder nur einfache Fahrlässigkeit vorliegt, hängt immer von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles ab. Sofern der Verkäufer in einem Gerichtsverfahren behauptet, Sie hätten den Mangel in Folge grober Fahrlässigkeit nicht bemerkt und Sie dies bestreiten, so wäre es grundsätzlich die Aufgabe des Verkäufers, seine Behauptung zu beweisen.
Auch wenn Sie den Mangel infolge grober Fahrlässigkeit nicht bemerkt haben vor Abschluss des Kaufvertrages, ist Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz ausnahmsweise dann nicht gemäß § 442 Abs.1 S.2 BGB ausgeschlossen, wenn der Verkäufer den Mangel Ihnen gegenüber arglistig verschwiegen oder diesbezüglich eine anderslautende Garantie gegeben hat. Sofern Sie in einem Gerichtsverfahren behaupten, der Verkäufer habe den Mangel Ihnen gegenüber arglistig verschwiegen oder eine anderslautende Garantie gegeben und er dies bestreitet, so wäre es grundsätzlich Ihre Aufgabe, dies zu beweisen.
Welche Beispiele gibt es?
Beispiel: Keine Arglist des Verkäufers; keine anderslautende Garantie durch den Verkäufer
Sie haben vom Verkäufer ein gebrauchtes KFZ gekauft. Um das KFZ herum und darunter gibt es einen etwa 2,50 x 2,50 Meter großen Ölfleck. Grund dafür ist ein Riss in der Ölwanne, durch den eine erhebliche Menge Öl ausgelaufen ist. Bevor Sie den Kaufvertrag unterschreiben, bemerken Sie im Gegensatz zum Verkäufer, der von dem Mangel nichts weiß, den Ölfleck. Nichtsdestotrotz schauen Sie nicht genauer hin, ob mit dem KFZ alles in Ordnung ist. Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz ist gemäß § 442 Abs.1 S.2 BGB ausgeschlossen. Denn vor Abschluss des Kaufvertrages hätte Ihnen auffallen müssen, dass die Ölwanne beschädigt ist.
Beispiel: Arglist des Verkäufers
Sie haben vom Verkäufer ein gebrauchtes KFZ gekauft. Um das KFZ und darunter gibt es einen etwa 2,50 x 2,50 Meter großen Ölfleck. Grund dafür ist ein Riss in der Ölwanne, durch den eine erhebliche Menge Öl ausgelaufen ist. Bevor Sie den Kaufvertrag unterschreiben, bemerken Sie zwar den Ölfleck. Sie hoffen, dass der Ölfleck nicht vom KFZ stammt und das KFZ keinen Mangel hat, machen Sie sich aber keine weitergehenden Gedanken und fragen beim Verkäufer auch nicht nach. Der Verkäufer weiß ganz genau, dass die Ölwanne einen Riss hat. Um das KFZ aber dennoch ohne Preisnachlass verkaufen zu können, verschweigt der Verkäufer dies Ihnen gegenüber ganz bewusst. Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz ist ausnahmsweise nicht gemäß § 442 Abs.1 S.2 BGB ausgeschlossen. Zwar hätte Ihnen vor Abschluss des Kaufvertrages auffallen müssen, dass das KFZ Öl verliert und insofern mangelhaft ist. Der Verkäufer hat die defekte Ölwanne Ihnen gegenüber aber arglistig verschwiegen.
Voraussetzung Nr. 7: Verkäufer beruft sich nicht zu Recht auf Verjährung
Zudem ist es erforderlich, dass sich der Verkäufer nicht zu Recht auf die Verjährung Ihres Anspruchs auf Aufwendungsersatz tatsächlich beruft.
Folgen der Verjährung
Falls Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz verjährt ist, hat der Verkäufer die Möglichkeit, die Zahlung von Aufwendungsersatz schon aus diesem Grund abzulehnen, § 214 Abs.1 BGB. Sofern sich der Verkäufer zu Recht auf die Verjährung beruft, würden Sie vor Gericht verlieren. Um sich auf die Verjährung zu berufen, braucht der Verkäufer das Wort "Verjährung" nicht benutzen. Es reicht aus, wenn er zum Beispiel erklärt, dass "alles schon zu lange her ist". Selbstverständlich kann der Verkäufer trotz Verjährung dennoch Aufwendungsersatz leisten. Dies tut er dann entweder aus Kulanz oder weil er nicht weiß, dass er dies ablehnen darf.
Aufwendungsersatz trotz Verjährung
Falls der Verkäufer später bemerkt, dass er die Zahlung von Aufwendungsersatz hätte ablehnen dürfen, hat er Pech gehabt. Denn gemäß § 214 Abs.2 S.1 BGB kann das zur Befriedigung eines verjährten Anspruchs Geleistete nicht zurückgefordert werden. Sie brauchen den erhaltenen Aufwendungersatz also nicht zurückzahlen.
Verjährungsfrist
Wann Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz verjährt, ergibt sich aus § 438 BGB.
Häufigster Fall im Alltag: 2 Jahre
Der häufigste Fall im Alltag ist, dass Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz 2 Jahre, nachdem Sie den Kaufgegenstand erhalten haben, verjährt ist, § 438 Abs.1 Nr.3, Abs.2, 2. Alt. i.V.m. §§ 187 Abs.1, 188 Abs.2, 1. Alt. BGB.
Beispiel: Am 22.02.2019 erhalten Sie vom Verkäufer das gekaufte KFZ, welches schon dann einen Mangel hat. Falls alle Voraussetzungen für Ihren Anspruch auf Aufwendungsersatz vorliegen, ist dieser grundsätzlich ab dem 23.02.2021 (0:00 Uhr) verjährt.
Beispiele länger als 2 Jahre
Insbesondere abhängig davon, welchen Kaufgegenstand Sie gekauft haben, welchen Mangel der Kaufgegenstand hat und ob der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat, dauert es gegebenenfalls länger als 2 Jahre, bevor Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz verjährt ist.
Beispiel: Arglistiges Verschweigen des Mangels
Am 22.02.2019 erhalten Sie vom Verkäufer das gekaufte Motorrad, welches schon dann einen Mangel hat. Dies weiß der Verkäufer im Gegensatz zu Ihnen ganz genau und verschweigt dies Ihnen gegenüber absichtlich, damit Sie beim Kaufpreis nicht weiterverhandeln. Vom Mangel erfahren Sie erst am 14.07.2019. Falls Sie für das Motorrad extra ein Motorradradio gekauft haben und falls alle Voraussetzungen für Ihren Anspruch auf Aufwendungsersatz vorliegen, ist dieser grundsätzlich ab dem 01.01.2023 (0:00 Uhr) verjährt, § 438 Abs.3 S.1 i.V.m. §§ 195, 199 Abs.1 BGB. Die Verjährungsfrist beträgt hier 3 Jahre, da der Verkäufer den Mangel Ihnen gegenüber arglistig verschwiegen hat. Die Verjährungsfrist beginnt hier erst mit dem Ablauf des 31.12.2019 (24 Uhr) und endet mit Ablauf des 31.12.2022 (24:00 Uhr).
Beispiel: Bauwerk
Am 21.03.2019 wird Ihnen die gekaufte Photovoltaik-Anlage, welche Sie auf dem Dach selbst anbringen möchten, geliefert. Dass die Photovoltaikanlage schon in diesem Zeitpunkt einen Mangel hat, ist weder Ihnen noch dem Verkäufer bekannt. Erst etwa 4 Jahre später fällt Ihnen der Mangel auf. Ihr etwaiger Anspruch auf Aufwendungsersatz zum Beispiel für einen extra angeschafften Stromspeicher ist grundsätzlich noch nicht verjährt. Die Verjährungsfrist beträgt gemäß § 438 Abs.1 Nr.2 a) BGB fünf Jahre (Bundesgerichtshof, Urteil vom 02.06.2016, Aktenzeichen: VII ZR 348/13). Ihr etwaiger Anspruch auf Aufwendungsersatz ist erst ab dem 22.03.2024 (0:00 Uhr) verjährt, § 438 Abs.2, 2. Alt. BGB i.V.m. §§ 187 Abs.1, 188 Abs.2, 1. Alt. BGB.
Aussetzung oder Neubeginn der Verjährung
Wichtig zu wissen ist, dass es verschiedene Vorschriften gibt, wonach die Verjährung Ihres Anspruchs auf Aufwendungsersatz gegebenenfalls für einen gewissen Zeitraum ausgesetzt wird oder sogar komplett neu beginnt.
Unter welchen Voraussetzungen die Verjährung bezüglich eines Mangels ausgesetzt wird, ergibt sich insbesondere aus § 203 BGB (Verhandlungen zwischen Ihnen und dem Verkäufer über Ihren Anspruch auf Aufwendungsersatz) und § 204 BGB (zum Beispiel Nr.1: Sie verklagen den Verkäufer auf Aufwendungsersatz).
Gemäß § 212 Abs.1 Nr.1 BGB beginnt die Verjährung bezüglich eines Mangels sogar komplett neu zu laufen bei einem Anerkenntnis durch den Verkäufer Ihnen gegenüber bezüglich seiner Pflicht zur Zahlung von Aufwendungsersatz. Wichtig: Die Verjährung beginnt aber dann nicht neu zu laufen, wenn Ihr Anspruch bereits verjährt war, als der Verkäufer Ihren Anspruch anerkannte.
Verkürzung oder Verlängerung der Verjährungsfrist
Innerhalb bestimmter Grenzen kann die Verjährungsfrist durch individuelle Vereinbarung oder mittels AGB verkürzt (schlecht für Sie) oder verlängert (gut für Sie) werden.
Beispiel: Mittels AGB kann die Verjährungsfrist beim Verkauf eines neuen Kaufgegenstandes gegebenenfalls auf 1 Jahr verkürzt werden, § 309 Nr.8 b) ff) BGB.
Sofern Sie den Kaufgegenstand im Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufs gekauft haben, ist § 476 Abs.2 und Abs.3 BGB zu beachten.
Erfolg bei Gericht trotz Verjährung
Wenn Sie den Verkäufer auf die Zahlung von Aufwendungsersatz verklagen, obwohl Ihr Anspruch bereits verjährt ist, würden Sie dennoch vor Gericht gewinnen, wenn sich der Verkäufer nicht tatsächlich auf die Verjährung beruft. Denn dann darf das Gericht bei seiner Entscheidung die Verjährung nicht berücksichtigen. Das Gericht darf den Verkäufer wegen seiner Neutralitätspflicht auch nicht auf die Verjährung aufmerksam machen.
Sie als Käufer könnten dann einen Anspruch auf Aufwendungsersatz gegen den Verkäufer haben, wenn insbesondere die nachfolgenden sieben Voraussetzungen erfüllt sind.
Voraussetzung Nr. 1: Wirksamer Kaufvertrag
Zunächst einmal muss ein wirksamer Kaufvertrag zwischen Ihnen und dem Verkäufer bestehen.
Ein Kaufvertrag ist ein Vertrag, durch den der Verkäufer dazu verpflichtet wird, Ihnen den Kaufgegenstand zu übergeben und das Eigentum daran zu übertragen. Sie als Käufer werden durch den Kaufvertrag dazu verpflichtet, den Kaufpreis zu zahlen und den Kaufgegenstand abzunehmen (§ 433 BGB).
Wenn Sie vom Verkäufer Aufwendungsersatz verlangen und der Verkäufer in einem Gerichtverfahren Ihre Behauptung, Sie hätten den Kaufgegenstand von ihm gekauft, bestreitet, ist es grundsätzlich Ihre Aufgabe, den Abschluss des Kaufvertrages zu beweisen. Schon aus diesem Grund ist es immer sinnvoll, einen Kaufvertrag schriftlich und nicht nur mündlich abzuschließen bzw. den Kassenbon gut aufzubewahren.
Wer sind Käufer und Verkäufer?
Sie sind dann Käufer, wenn Sie den Kaufvertrag persönlich für sich selbst abgeschlossen haben oder wenn Sie wirksam vertreten worden sind durch einen Stellvertreter (§§ 164 ff. BGB). Verkäufer ist derjenige, der den Kaufvertrag persönlich für sich selbst abgeschlossen hat oder wirksam vertreten worden ist durch einen Stellvertreter (§§ 164 ff. BGB). Kaufen Sie zum Beispiel im Elektrofachmarkt "Super-Elektro GmbH" eine Waschmaschine, so ist Verkäufer nicht der Kassierer, sondern die Super-Elektro GmbH. Denn der Kassierer schloss den Kaufvertrag mit Ihnen nicht für sich selbst als Verkäufer, sondern für die Super-Elektro GmbH.
Was sind Gründe für einen unwirksamen Kaufvertrag?
Ein Kaufvertrag ist zum Beispiel dann nicht wirksam, wenn…
…Sie oder der Verkäufer bei Abschluss des Kaufvertrages nicht geschäftsfähig waren.
Beispiel 1: Ein sechs Jahre altes Kind möchte Ihnen sein prallgefülltes Sparschwein für 2 EUR verkaufen. Ein entsprechender Kaufvertrag wäre gemäß § 105 Abs.1 i.V.m. § 104 Nr.1 BGB unwirksam. Denn bei Abschluss des Kaufvertrages wäre der Verkäufer geschäftsunfähig.
Beispiel 2: Auf einer Feier möchte Ihnen ein sturzbetrunkener Gast sein Auto für 15.000 EUR verkaufen. Ein entsprechender Kaufvertrag wäre gemäß § 105 Abs.2 BGB unwirksam. Denn bei Abschluss des Kaufvertrages befände sich der Verkäufer "im Zustand vorübergehender Störung der Geistestätigkeit".
…gegen eine zwingende Formvorschrift verstoßen wurde.
Beispiel: Sie und Ihr Nachbar schließen einen schriftlichen Kaufvertrag mit dem Inhalt, dass Sie für 450.000 EUR sein Grundstück mit Haus kaufen. Der Kaufvertrag ist grundsätzlich gemäß § 125 S.1 i.V.m. § 311 b Abs.1 S.1 BGB unwirksam. Denn der Kaufvertrag hätte von einem Notar beurkundet werden müssen.
Wer muss die Wirksamkeit des Kaufvertrages beweisen?
In einem Gerichtsverfahren, in dem Sie Aufwendungsersatz vom Verkäufer verlangen, brauchen Sie nicht beweisen, dass der Kaufvertrag wirksam ist. Sofern der Verkäufer die Unwirksamkeit behauptet und Sie dies bestreiten, ist es grundsätzlich die Aufgabe des Verkäufers, dies zu beweisen.
Voraussetzung Nr. 2: Mangel beim Kaufgegenstand schon in einem bestimmten Zeitpunkt
Zudem muss der Kaufgegenstand schon in einem bestimmten Zeitpunkt einen Mangel haben. In Betracht kommen ein "Sachmangel" bzw. ein "Rechtsmangel". Welche Art von Mangel vorliegt, ist wegen derselben rechtlichen Folgen im Ergebnis egal.
Was ist ein Sachmangel und wann muss dieser vorliegen?
Anstatt "Sachmangel" sagt man im Alltag zum Beispiel "Das Auto ist kaputt / beschädigt / defekt". Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wann ein Sachmangel vorliegt. Geregelt ist dies in § 434 BGB. Die Unterscheidung zwischen den verschiedenen Möglichkeiten ist nicht immer einfach. Da ein Sachmangel aber schon dann vorliegt, wenn eine der verschiedenen Möglichkeiten gegeben ist, ist es im Ergebnis egal, um welche der verschiedenen Möglichkeiten es sich handelt.
Welche Beispiele gibt es für einen Sachmangel?
Beispiele für einen Sachmangel sind:
Die Höchstgeschwindigkeit des KFZ beträgt nur 180 km/h, obwohl im Kaufvertrag 220 km/h vereinbart wurden. Ein Sachmangel liegt vor, da der Kaufgegenstand nicht die im Kaufvertrag vereinbarte Beschaffenheit hat (§ 434 Abs.1 S.1 BGB).
Mit dem KFZ kann man nicht durch die Wüste fahren, obwohl genau dies im Kaufvertrag vorausgesetzt wird. Ein Sachmangel liegt vor, da der Kaufgegenstand sich nicht für die im Kaufvertrag vorausgesetzte besondere Verwendung eignet (§ 434 Abs.1 S.2 Nr.1 BGB).
Mit dem Geländewagen kann man nicht im Gelände fahren. Ein Sachmangel liegt vor, da sich der Kaufgegenstand nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet (§ 434 Abs.1 S.2 Nr.2, 1. Alt. BGB). Ein Geländewagen muss nämlich gerade auch im Gelände fahren können. Ein solcher Sachmangel liegt aber nicht vor, wenn man mit dem Kleinwagen nicht im Gelände fahren kann. Denn ein Kleinwagen eignet sich gewöhnlich nicht zum Fahren im Gelände.
Der Verkäufer verkauft Ihnen ein zwei Monate altes KFZ für 35.000 EUR. Das KFZ hat Roststellen und die Scheibenwischer sind stark abgenutzt. Ein Sachmangel liegt vor, da der Kaufgegenstand nicht die Beschaffenheit aufweist, die bei Kaufgegenständen der gleichen Art üblich ist und die Sie nach der Art des Kaufgegenstandes erwarten dürfen (§ 434 Abs.1 S.2 Nr.2, 2. Alt. BGB). Diese Art von Mangel kommt im Alltag übrigens am häufigsten vor. Ein solcher Sachmangel liegt aber nicht vor, wenn der Verkäufer Ihnen ein 25 Jahre altes KFZ für 250 EUR verkauft. Denn bei einem solchen KFZ und einem solchen Kaufpreis sind Roststellen und stark abgenutzte Scheibenwischer durchaus üblich und nicht anders zu erwarten. Hinweis: Ihre berechtigte Erwartungshaltung kann sich auch aus öffentlichen Äußerungen insbesondere des Verkäufers oder Herstellers (insbesondere in der Werbung) ergeben (§ 434 Abs.1 S.3 BGB).
Wann muss ein Sachmangel vorliegen?
Ob Sie gegen den Verkäufer einen Anspruch auf Aufwendungsersatz haben könnten, hängt entscheidend davon ab, wann der Sachmangel entstanden ist.
Grundsatz: Entscheidend ist der Zeitpunkt der Übergabe an Sie
Damit Sie wegen des Sachmangels gegen den Verkäufer einen Anspruch auf Aufwendungsersatz haben könnten, kommt es grundsätzlich darauf an, ob der Kaufgegenstand den Sachmangel schon in dem Zeitpunkt hat, als Ihnen der Kaufgegenstand zum Behalten übergeben wurde. Dies ergibt sich aus § 446 S.1 BGB.
Beispiel: Das Licht bei dem gekauften Fahrrad war schon kaputt, als der Verkäufer Ihnen das Fahrrad im Fahrradgeschäft zum Behalten übergab. Wegen des kaputten Lichts könnte Ihnen gegen den Verkäufer ein Anspruch auf Aufwendungsersatz zustehen.
Entsteht der Sachmangel erst nach dem Zeitpunkt der Übergabe an Sie, haben Sie wegen dieses Sachmangels gegen den Verkäufer keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz. Denn nach diesem Zeitpunkt liegt es in Ihrem Risikobereich, ob ein Sachmangel entsteht (§ 446 S.1 BGB).
Beispiel: Den gekauften hochwertigen Spiegelschrank erhalten Sie vom Verkäufer in einem mangelfreien Zustand. Leider fällt Ihnen der Spiegelschrank bei dem Versuch, diesen in Ihrem Badezimmer aufzuhängen, auf den Boden. Dadurch wird der Spiegelschrank beschädigt. Selbstverständlich haben Sie wegen dieser Beschädigung keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz. Denn als Sie den Spiegelschrank erhielten, war dieser in Ordnung.
Welche Ausnahmen gibt es von diesem Grundsatz?
Es gibt jedoch einige Ausnahmen, in denen Sie keinen Anspruch gegen den Verkäufer auf Aufwendungsersatz haben, obwohl der Kaufgegenstand den Sachmangel schon in dem Zeitpunkt der Übergabe an Sie hat. Dies kann zum Beispiel dann der Fall sein, wenn der Sachmangel während Ihres "Annahmeverzugs" (Ausnahme 1) entstanden ist. Zudem könnte dies bei einem sogenannten "Versendungskauf" so sein (Ausnahme 2).
Ausnahme 1 - Annahmeverzug
Sofern Sie den Kaufgegenstand zu einem vereinbarten Zeitpunkt abholen müssen und auch können, dies aber nicht tun, befinden Sie sich im sogenannten "Annahmeverzug". Dieser ist in §§ 293 ff. BGB geregelt.
Hat der Kaufgegenstand den Sachmangel zwar in dem Zeitpunkt, in dem er Ihnen vom Verkäufer zum Behalten übergeben wurde, ist der Sachmangel aber bereits davor während Ihres Annahmeverzugs entstanden, so haben Sie gegen den Verkäufer grundsätzlich keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz. Dies ergibt sich aus § 446 S.3 BGB. Einen Anspruch auf Aufwendungsersatz könnten Sie grundsätzlich nur dann haben, wenn der Sachmangel schon bei Beginn Ihres Annahmeverzugs vorlag. Ausnahmsweise könnte Ihnen ein solcher Anspruch aber wohl auch dann zustehen, wenn der Sachmangel zwar während Ihres Annahmeverzuges entstanden ist, der Sachmangel aber auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit des Verkäufers beruht. Dafür spricht § 300 Abs.1 BGB.
Beispiel: Sie kaufen beim Verkäufer einen hochwertigen Spiegelschrank. Es wird vereinbart, dass Sie diesen am kommenden Freitag um 16 Uhr bei ihm in seinem Geschäft abholen, da der Verkäufer danach für zwei Wochen im Urlaub und sein Geschäft geschlossen sein wird. Entgegen der ausdrücklichen Absprache kommen Sie nicht zum vereinbarten Termin, weil Sie nicht rechtzeitig daran gedacht haben. Aufgrund eines vom Verkäufer nicht verschuldeten Kurzschlusses bricht in seinem Geschäft während seines Urlaubs ein Feuer aus. Dabei wird der Spiegelschrank beschädigt. Trotz dieser Beschädigung haben Sie gegen den Verkäufer keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz. Denn in dem Zeitpunkt, in dem Sie den Spiegelschrank hätten abholen müssen und können, war dieser in Ordnung. Der Sachmangel ist nämlich während Ihres Annahmeverzugs entstanden. Anders könnte es aber dann sein, wenn der Kurzschluss durch den Verkäufer grob fahrlässig herbeigeführt wurde.
Beispiel: Das Licht bei dem gekauften Fahrrad war schon kaputt vor dem Zeitpunkt, in dem Sie das Fahrrad aufgrund einer ausdrücklichen Absprache mit dem Verkäufer bei ihm hätten abholen müssen und können. Wegen des kaputten Lichts könnte Ihnen gegen den Verkäufer ein Anspruch auf Aufwendungsersatz zustehen. Zwar befanden Sie sich im Annahmeverzug. Der Sachmangel ist aber nicht währenddessen entstanden.
Ausnahme 2 - Sachmangel entsteht bei einem Versendungskauf auf dem Versandweg
Für den Fall, dass der Sachmangel bei einem Versendungskauf auf dem Versandweg entsteht, regelt § 447 Abs.1 BGB, ob Ihnen gegen den Verkäufer ein Anspruch auf Aufwendungsersatz zusteht. Die Vorschrift des § 447 Abs.1 BGB ist gut für den Verkäufer und schlecht für Sie als Käufer. Denn falls die Vorschrift anwendbar ist und ihre Voraussetzungen vorliegen, haben Sie keinen Anspruch gegen den Verkäufer auf Aufwendungsersatz. Ob § 447 BGB anwendbar ist, hängt im Alltag meistens davon ab, ob Sie den Kaufgegenstand im Rahmen eines sogenannten "Verbrauchsgüterkaufs" kauften oder nicht.
Situation 1: Verbrauchsgüterkauf
Was ist der Grundsatz?
Bei einem Verbrauchsgüterkauf (dieser ist geregelt in § 474 Abs.1 S.1 BGB) ist § 447 BGB in aller Regel nicht anwendbar (gut für Sie!). Dies bestimmt § 475 Abs.2 BGB. Bei einem Verbrauchsgüterkauf kommt es daher normalerweise nur darauf an, ob der Kaufgegenstand bei seiner Übergabe an Sie einen Sachmangel hat. Ob der Sachmangel auf dem Versandweg entstanden ist, ist insofern egal.
Was ist ein Verbrauchsgüterkauf?
Ein Verbrauchsgüterkauf liegt vor, wenn Sie als Verbraucher (§ 13 BGB) von einem Unternehmer (§ 14 BGB) einen "beweglichen" Kaufgegenstand (zum Beispiel KFZ, Boot, Yacht, Kanu, Winterreifen, Fahrrad, Einbauküche, Flachbildfernseher, Spiegelschrank, Kleiderschrank, Sofa, Pferd, Jackrussel Terrier etc., nicht aber insbesondere ein Grundstück) kaufen. Ob der Unternehmer zusätzlich eine Dienstleistung erbringen muss wie zum Beispiel die Montage des gekauften Wandregals, ändert daran nichts (§ 474 Abs.1 S.2 BGB).
Beispiel: Sie kaufen für Ihren Privatgebrauch bei der Computerfachmarkt XYZ GmbH über deren Internetseite einen Laptop. Im Kaufvertrag ist standartmäßig vereinbart, dass der Laptop zu Ihnen nach Hause geschickt wird. Die Verkäuferin (dies ist die Computerfachmarkt XYZ GmbH) schickt Ihnen den Laptop über einen Paketlieferdienst zu. Als Sie das Paket entgegennehmen und öffnen stellen Sie fest, dass der Bildschirm des Laptops beschädigt ist. Wegen des beschädigten Bildschirms könnte Ihnen gegen den Verkäufer ein Anspruch auf Aufwendungsersatz zustehen. Darauf, ob der Bildschirm auf dem Versandweg beschädigt wurde oder schon vorher kaputt war, kommt es nicht an. Entscheidend ist hier allein, dass der Laptop (schon) bei der Übergabe an Sie beschädigt ist. Da der Laptop ein "beweglicher" Kaufgegenstand ist und Sie diesen als Verbraucher von einem Unternehmer kauften, liegt ein Verbrauchsgüterkauf vor. § 447 BGB ist gemäß § 475 Abs.2 BGB nicht anwendbar, da die dort geregelte (im Alltag fast nie vorkommende) Ausnahme nicht vorliegt.
Was ist, wenn vertraglich etwas anderes vereinbart wurde?
Bei einem Verbrauchsgüterkauf ist bezüglich einer - für Sie schlechten - Regelung, wonach § 447 Abs.1 BGB doch anwendbar ist (bzw. § 475 Abs.2 BGB nicht gilt), § 476 Abs. 3 BGB zu beachten. § 476 Abs.1 BGB steht einer solchen Regelung im Kaufvertrag wohl dann nicht entgegen, wenn sich die Regelung ausdrücklich nur auf Ihre Ansprüche als Käufer auf Aufwendungsersatz oder Aufwendungsersatz und Schadensersatz bezieht. Denn gemäß § 476 Abs.3 BGB gilt § 476 Abs.1 BGB - wohl insgesamt - nicht für Ansprüche des Käufers auf Aufwendungsersatz (und Schadensersatz).
Beispiele:
"Im Hinblick auf Ansprüche des Käufers auf Aufwendungsersatz gilt § 447 Abs.1 BGB."
"Im Hinblick auf Ansprüche des Käufers auf Schadensersatz und Aufwendungsersatz gilt § 447 Abs.1 BGB."
"§ 475 Abs.2 BGB gilt nicht für Ansprüche des Käufers auf Aufwendungsersatz."
"§ 475 Abs.2 BGB gilt nicht für Ansprüche des Käufers auf Schadensersatz und Aufwendungsersatz."
Sofern eine solche Regelung im Kaufvertrag aber nicht den einschränkenden Zusatz "Ansprüche des Käufers auf Aufwendungsersatz" oder "Ansprüche des Käufers auf Schadensersatz und Aufwendungsersatz" enthält (und sie sich damit insbesondere auch auf Ansprüche auf eine Reparatur bzw. einen Ersatz sowie das Recht zum Rücktritt bzw. zur Minderung bezieht), so gilt bei einem Verbrauchsgüterkauf wohl Folgendes:
Sofern es sich bei der Regelung um eine AGB handelt, ist sie in der Regel insgesamt gemäß § 476 Abs.1, 3 BGB unwirksam (wichtig: nicht aber automatisch auch die anderen AGBs). Der Verkäufer hat dann schon aus diesem Grund seine rechtliche Gestaltungsmöglichkeit, den "entscheidenden Zeitpunkt" zu Ihrem Nachteil vorzuverlegen, nicht genutzt (gut für Sie).
Sofern die Regelung individuell vereinbart wurde, dürfte unter Juristen streitig sein, ob sich der Verkäufer insgesamt nicht darauf berufen kann (gut für Sie) oder ob er sich doch bezüglich Ihres Anspruchs auf Aufwendungsersatz (aber auch nur darauf) auf sie berufen kann (schlecht für Sie).
§ 476 Abs.1 BGB steht einer solchen Regelung - egal ob als AGB oder individuell vereinbart - aber dann nicht entgegen, wenn diese getroffen wurde, nachdem Sie den Verkäufer über den Mangel informierten bzw. Sie von ihm über den Mangel informiert wurden (zum Beispiel im Rahmen eines Vergleichs zwischen Ihnen und dem Verkäufer).
Situation 2: Kein Verbrauchsgüterkauf
Liegt kein Verbrauchsgüterkauf vor (insbesondere bei einem Kauf von Privat), ist § 447 Abs.1 BGB grundsätzlich anwendbar. Ob seine Voraussetzungen jedoch auch vorliegen, kommt immer auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalles an.
Beispiel: Sie kaufen für Ihren Privatgebrauch beim Privatmann (Verkäufer) über www.ebay.de seinen Laptop. Der Verkäufer beauftragt wie vereinbart einen Paketlieferdienst mit dem Versand und übergibt diesem dazu den Laptop. Als Sie das Paket öffnen, stellen Sie fest, dass der Bildschirm des Laptops beschädigt ist.
Beschädigung schon vor dem Versand
War der Bildschirm schon vor der Übergabe an den Paketlieferdienst beschädigt, könnte Ihnen gegen den Verkäufer ein Anspruch auf Aufwendungsersatz zustehen. Denn die Voraussetzung des § 447 Abs.1 BGB, dass der Sachmangel auf dem Versandweg entstanden ist, liegt nicht vor.
Beschädigung auf dem Versandweg ohne Schuld des Verkäufers
War der Bildschirm zunächst nicht beschädigt, als der Verkäufer den Laptop gut verpackt an einen zuverlässigen Paketlieferdienst übergab, sondern wurde der Bildschirm erst aufgrund eines vom Verkäufer unverschuldeten Unfalls auf dem Versandweg zu Ihnen beschädigt, haben Sie gegen den Verkäufer keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz. Die Voraussetzungen des § 447 Abs.1 BGB liegen vor. Der Verkäufer war im Rahmen eines "Versendungskaufs" (Landgericht Berlin, Urteil vom 01.10.2003, Aktenzeichen 18 O 117/03) zum Versenden des Laptops an Sie verpflichtet. Der Verkäufer verpackte den Laptop ordnungsgemäß und wählte einen zuverlässigen Paketlieferdienst aus. Als der Verkäufer den Laptop gut verpackt an den Paketlieferdienst übergab, war der Laptop mangelfrei. Es hat sich eine typische Gefahr beim Versand, für die der Verkäufer keine Schuld hat, realisiert.
Beschädigung auf dem Versandweg wegen schlechter Verpackung
Wurde der Bildschirm des Laptops beschädigt, weil der Verkäufer den Laptop vor der Übergabe an den Paketlieferdienst schlecht verpackt hatte, könnte Ihnen gegen den Verkäufer ein Anspruch auf Aufwendungsersatz zustehen. Die Voraussetzungen des § 447 Abs.1 BGB liegen nicht vor. Der Verkäufer hat den Kaufgegenstand nicht ordnungsgemäß verpackt, bevor er diesen an die Versandperson übergab. Der Verkäufer hat Schuld für den Sachmangel.
Wer muss was beweisen im Hinblick auf den Sachmangel?
Bei der Frage danach, wer in einem Gerichtsverfahren beweispflichtig ist im Hinblick auf den Sachmangel, kann man unterscheiden zwischen allgemeinen Grundsätzen, Besonderheiten beim Verbrauchsgüterkauf und Besonderheiten beim Versendungskauf.
Allgemeine Grundsätze
Vor Gericht ist es grundsätzlich Ihre Aufgabe zu behaupten und - sofern der Verkäufer dies bestreitet - auch zu beweisen, dass (1) der Kaufgegenstand einen Sachmangel hat und zwar (2) bereits im entscheidenden Zeitpunkt. Einen Sachmangel können Sie - sofern dieser mit dem bloßen Auge erkannt werden kann - grundsätzlich insbesondere mit dem Kaufgegenstand selbst oder mittels Fotos beweisen (§§ 371 ff. ZPO). Ansonsten bedarf es gegebenenfalls eines Gutachtens vom gerichtlich ausgewählten Sachverständigen (§§ 402 ff. ZPO).
Besonderheiten beim Verbrauchsgüterkauf
Für Sie als Käufer ist die Tatsache (2) oft schwierig oder kaum möglich zu beweisen. Daher hat der Gesetzgeber in § 477 BGB zugunsten von Verbrauchern im Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufs (siehe oben) eine sogenannte "Beweislastumkehr" geregelt. Zeigt sich innerhalb von 6 Monaten seit der Übergabe bzw. Ihrem Annahmeverzug ein Sachmangel, so wird grundsätzlich vermutet, dass dieser Sachmangel schon in diesem entscheidenden Zeitpunkt vorgelegen hat bzw. dass der Sachmangel auf einem anderen, schon in diesem Zeitpunkt vorhandenen Sachmangel beruht, ohne dass Sie dies beweisen müssen (Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.10.2016, Aktenzeichen VIII ZR 103/15). Wenn Sie vor Gericht behaupten, (1) der Kaufgegenstand habe einen Sachmangel und (B) dieser Sachmangel habe sich innerhalb der 6 Monate gezeigt und der Verkäufer diese beiden Tatsachen bestreitet, wäre es grundsätzlich nur Ihre Aufgabe als Käufer, diese beiden Tatsachen (1 und B) zu beweisen.
Welche Beispiele gibt es?
Sie haben beim Elektrofachmarkt "Super-Elektro GmbH" für Ihren Privatgebrauch den letzten auf dem Markt verfügbaren Spezial-Laptop Mega-LapTop gekauft. Dafür haben Sie zudem eine Laptop Mouse gekauft. Nachdem Sie den Spezial-Laptop einige Tage benutzt haben, lässt er sich nicht mehr starten, weil sein Spezial-Akku defekt ist. Da der Verkäufer wegen exorbitant hoher Kosten für eine Reparatur (es gab schon vor Abschluss des Kaufvertrages weltweit kaum noch die nötigen Rohstoffe) eine solche ablehnt, bringen Sie den Spezial-Laptop und die Laptop Mouse zum Elektrofachmarkt zurück, erklären dort den Rücktritt vom Kaufvertrag über den Spezial-Laptop und verlangen die Erstattung der Kaufpreise für den Spezial-Laptop und die Laptop Mouse. Da der Verkäufer die beiden Kaufpreise nicht freiwillig erstattet, verklagen Sie den Verkäufer nach Ablauf einer gesetzten Frist auf Rückzahlung des Kaufpreises für den Spezial-Laptop sowie Zahlung von Aufwendungsersatz in Höhe des Kaufpreises für die Laptop Mouse. Damit Sie vor Gericht gewinnen könnten müssen Sie dort insbesondere behaupten und - wenn der Verkäufer dies bestreitet - auch beweisen, dass (1) der Akku defekt ist und (B) sich dies innerhalb von 6 Monaten nach der Übergabe an Sie zeigte. Zu Ihren Gunsten wird vermutet (ohne dass Sie auch dies beweisen müssen), dass (2) der Akku schon defekt war, als Ihnen der Laptop vom Kassierer übergeben wurde.
Am 23.02.2019 kaufen und erhalten Sie für sich privat vom KFZ-Händler (Verkäufer) ein KFZ. Etwa einen Monat später kommt es zu einem Motorschaden. Es stellt sich heraus, dass der Zahnriemen defekt ist. Es steht jedoch nicht fest, ob der Zahnriemen durch einen Fahrfehler von Ihnen defekt wurde, ob der Zahnriemen schon im Zeitpunkt der Übergabe des KFZ an Sie defekt war und ob der defekte Zahnriemen den Motorschaden verursacht hat. Damit Sie vor Gericht gewinnen könnten müssen Sie dort insbesondere behaupten und - wenn der Verkäufer dies bestreitet - auch beweisen, dass (1) das KFZ einen Motorschaden hat und (B) sich dies innerhalb von 6 Monaten seit der Übergabe des KFZ an Sie zeigte. Zu Ihren Gunsten wird vermutet (ohne dass Sie auch dies beweisen müssen), dass (2) der Zahnriemen schon bei der Übergabe des KFZ an Sie defekt war und dass (X) der defekte Zahnriemen den Motorschaden verursacht hat. Es wird also vermutet, dass das KFZ "den Sachmangel" schon bei der Übergabe an Sie hatte.
Ausnahmsweise keine Vermutung
In folgenden Fällen gilt die Vermutung des § 477 BGB ausnahmsweise nicht:
- Der Verkäufer beweist, dass der Kaufgegenstand den Sachmangel in dem entscheidenden Zeitpunkt noch nicht hatte.
- Die Vermutung ist unvereinbar mit der Art des Kaufgegenstandes
Beispiel: Sie kaufen vom Verkäufer eine verschlossene Kiste mit 50 Kilogramm Bananen. Damit möchten Sie für eine private Feierlichkeit bei Ihnen zu Hause Bananen-Smoothies machen. 8 Wochen nach der Übergabe öffnen Sie die Kiste und stellen fest, dass die Bananen braun verfärbt und matschig sind. Es wird nicht vermutet, dass die Bananen schon bei der Übergabe an Sie braun und matschig waren. Es ist nämlich gut denkbar, dass die Verschlechterung der Bananen erst danach eingetreten ist. Es wird Ihnen hier nicht gelingen zu beweisen, dass die Bananen schon bei Übergabe an Sie verdorben waren.
- Die Vermutung ist unvereinbar mit der Art des Mangels
Beispiel: Sie kaufen vom Verkäufer für Ihre Freizeit ein Pferd der Rasse "Westfale". 12 Wochen nach der Übergabe wird das Pferd krank. Es steht fest, dass die Inkubation 2 Wochen beträgt. Es wird nicht vermutet, dass das Pferd schon bei der Übergabe an Sie krank bzw. mit dem Krankheitserreger infiziert war. Denn wegen der Inkubationszeit steht fest, dass sich das Pferd mit dem Krankheitserreger erst 10 Wochen nach der Übergabe an Sie infizierte.
Besonderheiten im Rahmen eines Versendungskaufs
Sofern § 447 Abs.1 BGB anwendbar ist und seine Voraussetzungen vorliegen, gilt Folgendes:
Beweislast für Übergabe an Versandperson
Wenn der Verkäufer vor Gericht behauptet, er habe den Kaufgegenstand an die Versandperson übergeben und Sie dies (insbesondere mit "Nichtwissen") bestreiten, so wäre es grundsätzlich die Aufgabe des Verkäufers, dies zu beweisen.
Beweislast für Sachmangel bei Übergabe an Versandperson
Wer von Ihnen vor Gericht behaupten und - sofern die Gegenseite dies bestreitet - auch beweisen muss, ob der Kaufgegenstand schon im Zeitpunkt der Übergabe an die Versandperson den Sachmangel hatte, hängt insbesondere davon ab, wie Sie sich bei der Übergabe des Kaufgegenstandes an Sie verhalten.
Situation: Entgegennahme unter Vorbehalt und unverzügliche Beschwerde
Als der Paketlieferdienst Ihnen das Paket mit dem Laptop übergibt, bemerken Sie, dass das Paket beschädigt ist. In Anwesenheit des Mitarbeiters des Paketlieferdienstes öffnen Sie das Paket und stellen fest, dass der Bildschirm des Laptops beschädigt ist. Daraufhin unterschreiben Sie den Erhalt nicht einfach nur. In das Textfeld für die Unterschrift schreiben Sie auch "Bildschirm beschädigt. Entgegennahme daher nur unter Vorbehalt". Zudem teilen Sie dies zusätzlich unverzüglich dem Verkäufer mit. In einem solchen Fall ist es vor Gericht wohl grundsätzlich nur Ihre Aufgabe, die Beschädigung zu behaupten und - sofern der Verkäufer diese bestreitet - auch zu beweisen. Hingegen wäre es grundsätzlich wohl die Aufgabe des Verkäufers zu behaupten und - wenn Sie dies (insbesondere mit "Nichtwissen") bestreiten - auch zu beweisen, dass der Kaufgegenstand nicht schon beschädigt war, als er diesen an die Versandperson übergab.
Situation: Entgegennahme ohne Vorbehalt und ohne unverzügliche Beschwerde
Als der Paketlieferdienst Ihnen das Paket mit dem Laptop übergibt, bemerken Sie, dass das Paket beschädigt ist. In Anwesenheit des Mitarbeiters des Paketlieferdienstes öffnen Sie das Paket und stellen fest, dass der Bildschirm des Laptops beschädigt ist. Sie unterschreiben den Erhalt und nehmen den Laptop ohne Vorbehalt entgegen. Zudem benutzen Sie den Laptop einige Monate, ohne sich beim Verkäufer zu beschweren. Erst später teilen Sie dem Verkäufer mit, dass der Bildschirm schon im Zeitpunkt der Übergabe an Sie beschädigt war. In einem solchen Fall ist es vor Gericht grundsätzlich wohl nicht nur Ihre Aufgabe, die Beschädigung zu behaupten und - sofern der Verkäufer diese bestreitet - auch zu beweisen. Zudem ist es grundsätzlich wohl auch Ihre Aufgabe zu behaupten und - sofern der Verkäufer dies bestreitet - zu beweisen, dass die Beschädigung schon vorhanden war, als der Verkäufer den Laptop an die Versandperson übergab. Letzteres wird Ihnen in aller Regel (wenn Sie nicht etwa einen Zeugen wie zum Beispiel den Mitarbeiter des Paketlieferdienstes haben) kaum gelingen. Warten Sie daher nicht zu lange mit der Reklamation!
Was ist ein Rechtsmangel und wann muss dieser vorliegen?
Wann ein Rechtsmangel vorliegt, ist in § 435 BGB geregelt. Insbesondere nach seinem Satz 1 liegt ein Rechtsmangel vor, wenn Dritte in Bezug auf den Kaufgegenstand Rechte Ihnen gegenüber geltend machen können, die nicht im Kaufvertrag geregelt wurden. Sie bekommen also an dem Kaufgegenstand nicht die Rechtsposition, die nach dem Inhalt des Kaufvertrages vorgesehen ist.
Welche Beispiele gibt es für einen Rechtsmangel?
Sie erwerben vom Verkäufer ein Grundstück samt Mehrfamilienhaus. Die Wohnungen möchten Sie an Freunde vermieten. Die Wohnungen sind aber bereits alle an andere Mieter vermietet. Dies wussten Sie nicht und dies ergibt sich insbesondere auch nicht aus dem notariellen Kaufvertrag. Das Grundstück (samt Mehrfamilienhaus) weist einen Rechtsmangel auf. Denn die anderen Mieter können gemäß § 566 BGB Ihnen gegenüber darauf bestehen, dort erst einmal weiter zur Miete wohnen zu dürfen.
Wichtigstes Beispiel dafür, wann kein Rechtsmangel vorliegt: Sie kaufen vom Verkäufer ein Fahrrad. Das Fahrrad hatte der Verkäufer dem Eigentümer gestohlen. Dies ist Ihnen erst einige Monate, nachdem der Verkäufer Ihnen das gestohlene Fahrrad zum Behalten übergab, klar geworden. Der Eigentümer hat sein Fahrrad nämlich wiedererkannt, als Sie damit unterwegs waren, und Sie entsprechend aufgeklärt. Sie haben das Eigentum an dem Fahrrad nicht erworben, weil es gestohlen wurde (§ 935 Abs.1 S.1, 1. Alt. BGB). Sie haben - weil kein "Mangel" vorliegt - gegen den Verkäufer keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz gemäß §§ 437 Nr.3, 311a Abs.2, 284 BGB.
Wann muss ein Rechtsmangel vorliegen?
Damit Sie wegen eines Rechtsmangels gegen den Verkäufer einen Anspruch auf Aufwendungsersatz haben könnten, muss der Rechtsmangel bereits im Zeitpunkt des "Eigentumserwerbs" vorgelegen haben. Was Viele nicht wissen: Durch den bloßen Abschluss eines Kaufvertrages werden Sie nicht Eigentümer des Kaufgegenstandes! Wann und unter welchen Voraussetzungen Sie das Eigentum erwerben, ergibt sich bei "beweglichen" Kaufgegenständen aus §§ 929 ff. BGB und bei Grundstücken aus §§ 873, 925 BGB. Aber keine Sorge! Im Alltag erwerben Sie in aller Regel "problemlos" das Eigentum. Dabei müssen Sie sich dann keine Gedanken machen über die nicht einfach zu verstehenden Vorschriften zum Eigentumserwerb.
Beispiel: Sie möchten ein neues Smartphone kaufen. Dazu gehen Sie zum Handygeschäft "Exklusiv-Handy GmbH". Dort finden Sie ein tolles Smartphone, welches Sie gerne haben möchten. Sie gehen mit dem Smartphone zur Kasse. Der Kassierer scannt das Preisetikett ein und Sie geben ihm die 299 EUR. Sie verabschieden sich und verlassen das Handygeschäft mit dem Smartphone. Es ist insbesondere Folgendes geschehen:
- Sie und die Exklusiv-Handy GmbH haben einen Kaufvertrag über das Smartphone für 299 EUR abgeschlossen.
- Sie haben von der Exklusiv-Handy GmbH das Eigentum am Smartphone erworben.
Voraussetzung Nr. 3: Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit schon bei Abschluss des Kaufvertrages
Allgemeines
Die Reparatur bzw. der Ersatz müssen schon bei Abschluss des Kaufvertrages unmöglich (§ 275 Abs.1 BGB) bzw. für den Verkäufer unzumutbar (§ 275 Abs.2 oder Abs. 3 BGB) gewesen sein. Sofern nur eine Unzumutbarkeit vorliegt, ist es für Ihren Anspruch auf Aufwendungsersatz erforderlich, dass sich der Verkäufer darauf beruft.
Beispiele
Beispiel 1: Eine Reparatur ist schon bei Abschluss des Kaufvertrages unmöglich gewesen, wenn ein gebrauchtes KFZ als "unfallfrei" verkauft wird, obwohl es tatsächlich ein Unfallwagen ist. Egal wie man sich auch bemüht, einen Unfallwagen zu reparieren. Er wird immer ein Unfallwagen bleiben.
Beispiel 2: Eine Reparatur ist auch dann bereits bei Abschluss des Kaufvertrages unmöglich gewesen, sofern es sich bei einer gekauften Briefmarke um eine Fälschung handelt. Auch eine gefälschte Briefmarke kann nicht so repariert werden, dass sie keine Fälschung mehr ist.
Beispiel 3: Ein Ersatz ist schon bei Abschluss des Kaufvertrages unmöglich gewesen, wenn es sich bei der gekauften Briefmarke um eine Fälschung handelt, die zwar auf dem Markt im Original zu bekommen wäre, aber nicht mit dem Poststempel, der für Sie als Briefmarkensammler laut Kaufvertrag besonders wichtig ist ("Einzelstück auf dem Markt").
Beispiel 4: Ein Ersatz ist schon bei Abschluss des Kaufvertrages unmöglich gewesen, sofern Sie sich aufgrund Ihres persönlichen positiven Eindrucks vom Wesen eines bestimmten Pferdes genau dieses vor Ort aussuchten und kauften und sich nach der Abholung herausstellt, dass es von Geburt an unter einer unheilbaren Krankheit leidet. In einem solchen Fall ist nicht nur eine "Reparatur" (gemeint ist eine Behandlung bzw. Operation) schon bei Abschluss des Kaufvertrages unmöglich gewesen. Auch ein Ersatz ist schon bei Abschluss des Kaufvertrages unmöglich gewesen, da es sich bei dem Pferd um ein "Einzelstück auf dem Markt" handelt.
Beispiel 5: Das von Ihnen wegen Ihres persönlichen positiven Eindrucks von seinen Eigenschaften ausgesuchte und gekaufte Pferd der Rasse "Araber" leidet seit seiner Geburt an einer Krankheit. Die Operation des Pferdes wäre zwar möglich. Die Operation würde aber zu Kosten führen, die bereits bei Abschluss des Kaufvertrages exorbitant hoch gewesen wären. In einem solchen Fall ist eine "Reparatur" schon vor Abschluss des Kaufvertrages für den Verkäufer unzumutbar gewesen. Ein Ersatz ist schon vor Abschluss des Kaufvertrages nicht möglich gewesen ("Einzelstück auf dem Markt").
Hinweise
Falls eine Reparatur bzw. ein Ersatz doch möglich und für den Verkäufer zumutbar sind, haben Sie zwar keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz gemäß §§ 437 Nr.3, 311 a Abs.2, 284 BGB. Dasselbe gilt bei bloßer Unzumutbarkeit, sofern und solange der Verkäufer sich darauf nicht beruft. Aus Gründen der rechtlichen Vorsicht sollten Sie immer eine Frist zur Reparatur bzw. zum Ersatz setzen, wenn für Sie nicht sicher feststeht, dass beides unmöglich bzw. für den Verkäufer unzumutbar (gewesen) ist bzw. bei bloßer Unzumutbarkeit der Verkäufer sich darauf berufen wird. Denn dann könnte Ihnen gegebenenfalls ein Anspruch auf Aufwendungsersatz gemäß §§ 437 Nr.3, 280 Abs.1, 3, 281, 284 BGB zustehen. Falls Sie dem Verkäufer in einem solchen Fall eine Frist setzen, obwohl dies nicht nötig ist, ist dies nicht schlimm. Falls Sie dem Verkäufer keine Frist setzen, obwohl dies nötig ist, haben Sie in aller Regel ein rechtliches Problem.
Falls die Reparatur und der Ersatz erst nach Abschluss des Kaufvertrages unmöglich oder - sofern sich der Verkäufer darauf beruft - für ihn unzumutbar geworden sind, haben Sie zwar keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz gemäß §§ 437 Nr.3, 311 a Abs.2, 284 BGB. Ein solcher Anspruch könnte Ihnen aber gegebenenfalls gemäß §§ 437 Nr.3, 280 Abs.1, 3, 283, 284 BGB zustehen.
Voraussetzung Nr. 4: Bestimmte Aufwendung
Damit Sie gegen den Verkäufer einen Anspruch auf einen Aufwendungsersatz haben könnten, müssen Sie eine bestimmte "Aufwendung" gemacht haben.
Aufwendung
Unter einer "Aufwendung" versteht man vorliegend insbesondere eine Zahlung bzw. zumindest die Eingehung einer Zahlungsplicht im Zusammenhang mit dem mangelhaften Kaufgegenstand. Wichtig: Keine Aufwendung in diesem Sinne ist die Zahlung des Kaufpreises für den mangelhaften Kaufgegenstand selbst.
Beispiele für Aufwendungen sind:
- Finanzierungskosten (das sind insbesondere Kosten für die Aufnahme eines
Darlehens zur Finanzierung des Kaufpreises)
- Versand- bzw. Überführungskosten
- Reisekosten
- Übernachtungskosten
- Zulassungskosten für ein KFZ
- Kosten für eine Extra-Ausstattung
- Einbaukosten
Anforderungen an die Aufwendung
Nicht jede Aufwendung im Zusammenhang mit dem mangelhaften Kaufgegenstand führt zu einem Anspruch auf Aufwendungsersatz. Vielmehr müssen für einen solchen Anspruch zumindest folgende Anforderungen an die Aufwendung erfüllt sein:
Vertrauen
Sie müssen die Aufwendung im Vertrauen auf den Erhalt des Kaufgegenstandes ohne den Mangel getätigt haben. Sie müssen also eine Zahlung geleistet bzw. eine Zahlungspflicht eingegangen sein, bevor Sie von dem Mangel beim Kaufgegenstand erfahren haben.
Nutzlosigkeit
Die Aufwendung muss für Sie im Ergebnis "nutzlos" sein. Dies ist vorliegend insbesondere grundsätzlich dann der Fall, wenn Sie den Kaufgegenstand wegen Ihrer Mangelhaftigkeit an den Verkäufer zurückgeben oder diesen jedenfalls nicht bestimmungsgemäß nutzen können und Sie deshalb von der Aufwendung nichts haben (Bundesgerichtshof, Urteil vom 13.07.2016, Aktenzeichen VIII 49/15).
Keine Zweckverfehlung
Zudem dürfte Ihre Aufwendung - hätten Sie den Kaufgegenstand ohne den Mangel erhalten - nicht "zweckverfehlt" sein. Dies bedeutet, dass Sie von der Aufwendung wirklich etwas haben müssten, wenn Sie den Kaufgegenstand ohne den Mangel erhalten hätten. Eine Zweckverfehlung liegt zum Beispiel dann vor, wenn Sie für das gekaufte mangelhafte KFZ zusätzlich Sommerreifen kaufen, von denen Sie nichts haben, weil die Sommerreifen nicht an das KFZ passen.
Es wird zunächst einmal vermutet, dass keine Zweckverfehlung vorliegt (gut für Sie). Gegebenenfalls kann der Verkäufer in einem Gerichtsverfahren die Vermutung aber widerlegen.
Voraussetzung Nr. 5: Schuld des Verkäufers
Zudem ist es grundsätzlich erforderlich, dass der Verkäufer Schuld hat.
Muss ich die Schuld des Verkäufers beweisen?
Nein. Die Schuld des Verkäufers wird gemäß § 311 a Abs.2 BGB zunächst einmal vermutet (gut für Sie). Kommt es zu einem Gerichtsverfahren, wäre es die Aufgabe des Verkäufers zu erläutern und zu beweisen, dass er keine Schuld hat, damit die Vermutung ausnahmsweise nicht gilt.
Wie könnte der Verkäufer das Gericht von seiner "Unschuld" überzeugen?
Im Gegensatz zum Strafrecht sagt man als Jurist im Zivilrecht zwar nicht "Unschuld". Der richtige juristische Begriff ist "Exkulpation". Egal wie man es auch korrekt bezeichnet, wichtig für Sie ist es zu wissen, welche Tatsachen der Verkäufer behaupten und beweisen muss, um ein Gericht davon zu überzeugen. Damit der Verkäufer keinen Aufwendungsersatz gemäß §§ 437 Nr.3, 311 a Abs.2, 284 BGB leisten muss, hat er zu behaupten und zu beweisen, dass er bei Abschluss des Kaufvertrages nicht wusste oder hätte wissen müssen, dass eine Reparatur bzw. ein Ersatz unmöglich bzw. für ihn unzumutbar sein werden.
Hat der Verkäufer den Kaufvertrag nicht persönlich abgeschlossen, sondern sich dabei wirksam von einem Stellvertreter vertreten lassen (§§ 164 ff. BGB), so kommt es für das Wissen bzw. Wissenmüssen gemäß § 166 Abs.1 BGB grundsätzlich darauf an, was sein Stellvertreter wusste bzw. hätte wissen müssen.
Hinweis: Sofern von den beiden Arten der Nacherfüllung (Reparatur und Ersatz) eine Art erst nach Abschluss des Kaufvertrages unmöglich oder für den Verkäufer unzumutbar geworden ist, so hat er diesbezüglich zu behaupten und zu beweisen, dass er keine Schuld dafür hat, dass diese nach Abschluss des Kaufvertrages unmöglich bzw. für ihn unzumutbar geworden ist.
Voraussetzung Nr. 6: Anspruch ist nicht vertraglich oder gesetzlich ausgeschlossen
Zudem darf Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz weder vertraglich noch gesetzlich ausgeschlossen sein.
Vertraglicher Ausschluss
Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz ist vertraglich ausgeschlossen, wenn Sie dies mit dem Verkäufer wirksam individuell vereinbart haben oder dies in einer Allgemeinen Geschäftsbedingung (AGB) geregelt ist, welche wirksamer Bestandteil des Kaufvertrages ist.
Typische Formulierungen für einen Ausschluss
Im Alltag versucht der Verkäufer im Kaufvertrag häufig, Ihre Gewährleistungsrechte vollständig auszuschließen (und damit auch Ihren Anspruch auf Aufwendungsersatz).
Typische Formulierungen sind:
"Der Verkäufer und der Käufer vereinbaren, dass der Kaufgegenstand unter Ausschluss der Gewährleistung verkauft wird."
"Die Gewährleistung wird ausgeschlossen."
"Gekauft wie gesehen."
Wirksamkeit eines Ausschlusses
Ob ein Gewährleistungsausschluss wirksam ist, hängt insbesondere davon ab, ob Sie diesen mit dem Verkäufer individuell vereinbart haben oder dieser in einer AGB geregelt ist.
Individueller Ausschluss
Ein Gewährleistungsausschluss wurde individuell vereinbart, wenn insbesondere Sie als Käufer damit einverstanden waren und tatsächlich die Möglichkeit hatten, den Inhalt dieser konkreten Regelung wirklich zu beeinflussen. Ob eine Regelung individuell vereinbart wurde oder ob es sich bei ihr um eine AGB handelt, ist im Einzelfall nicht immer einfach festzustellen. Sofern der Verkäufer in einem Gerichtsverfahren behauptet, der Gewährleistungsausschluss sei keine AGB, sondern individuell mit Ihnen vereinbart worden, und Sie dies bestreiten, wäre es grundsätzlich die Aufgabe des Verkäufers, seine Behauptung zu beweisen (Bundesgerichtshof, Urteil vom 03.04.1998, Aktenzeichen V ZR 6-97).
Ausschluss durch AGB
Sofern Sie und der Verkäufer einen Gewährleistungsausschluss nicht individuell vereinbart haben, handelt es sich dabei nicht automatisch um eine AGB, die wirksamer Bestandteil des Kaufvertrages geworden ist. Wann eine AGB vorliegt und wann diese AGB wirksamer Bestandteil des Kaufvertrages ist, richtet sich nach den §§ 305 ff. BGB.
Wichtige Beispiele für nicht geltenden Ausschluss
In folgenden Fällen gilt ein Ausschluss nicht (Sie haben Glück gehabt!):
Arglistiges Verschweigen des Mangels
Der Verkäufer kann sich bezüglich eines konkreten Mangels nicht auf einen individuell vereinbarten Ausschluss Ihres Anspruchs auf Aufwendungsersatz berufen bzw. eine entsprechende AGB ist insofern unwirksam, als der Verkäufer diesen Mangel Ihnen gegenüber arglistig verschwiegen hat (§ 444 1. Alt. BGB bzw. § 307 Abs.2 Nr.1 i.V.m. § 444 1. Alt. BGB).
Für ein arglistiges Verschweigen reicht es aus, dass der Verkäufer den Mangel für möglich hält und es ihm egal ist, ob Sie den Mangel kennen und den Kaufvertrag dann nicht oder nicht mit demselben Inhalt abschließen würden (Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.04.2013, Aktenzeichen V ZR 266/11).
Anderslautende Garantie
Der Verkäufer kann sich bezüglich eines konkreten Mangels auch nicht auf einen individuell vereinbarten Ausschluss Ihres Anspruchs auf Aufwendungsersatz berufen bzw. eine entsprechende AGB ist insofern unwirksam, als der Verkäufer diesbezüglich eine anderslautende Garantie gegeben hat (§ 444 2. Alt. BGB bzw. § 307 Abs.2 Nr.1 i.V.m. § 444 2. Alt. BGB)
Beispiel: Sie kaufen vom Verkäufer ein KFZ. Im Kaufvertrag kreuzt der Verkäufer "Keine Vorschäden" an. Tatsächlich hat das KFZ erhebliche Vorschäden. Dabei dürfte es sich um eine anderslautende Garantie handeln. Eine Garantie liegt aber dann nicht vor, wenn "keine Vorschäden" ohne den Zusatz wie zum Beispiel "laut Vorbesitzer" enthält. Denn dann handelt es sich um eine bloße Wissensmitteilung des Verkäufers (Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.03.2008, Aktenzeichen VIII ZR 253/05).
Leben, Körper, Gesundheit
Sofern der Verkäufer mit Ihnen vereinbart hat, dass Ihre Gewährleistung ausgeschlossen oder begrenzt ist (auch) für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, die auf einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Pflichtverletzung des Verkäufers oder einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Pflichtverletzung seiner gesetzlichen Vertreter oder Erfüllungsgehilfen beruhen, wird wie folgt unterschieden:
AGB
Wurde die Vereinbarung mittels AGB getroffen, kommt es für die Wirksamkeit dieser AGB darauf an, ob Sie den Kaufvertrag als Privatperson oder Unternehmer (§ 14 BGB) abgeschlossen haben.
Haben Sie den Kaufvertrag als Privatperson abgeschlossen, ist eine solche AGB des Verkäufers (wichtig: nicht aber automatisch auch die anderen AGBs) unwirksam (§ 309 Nr.7 a, § 307 Abs.2 Nr.1 i.V.m. § 276 Abs.3 BGB). Weil die drei oben genannten typischen Formulierungen Ihre Gewährleistung (auch) für solche Schäden (Leben, Körper, Gesundheit) ausschließen, sind sie unwirksam, sofern sie als AGB vereinbart wurden! Obwohl es im Kaufvertrag anders geregelt ist, könnten Sie gegen den Verkäufer doch einen Anspruch auf Aufwendungsersatz haben! Merken Sie sich: Nicht alles, was schwarz auf weiß steht, ist immer richtig.
Haben Sie den Kaufvertrag als Unternehmer (§ 14 BGB) abgeschlossen, ist eine solche AGB des Verkäufers - mangels direkter Anwendbarkeit (§ 310 Abs.1 BGB) - zwar nicht direkt gemäß § 309 BGB unwirksam. Ihre Unwirksamkeit ergibt sich aber grundsätzlich aus §§ 310 Abs.1 S.2, 307 Abs.2 Nr.1 BGB, es sei denn, die AGB kann wegen der besonderen Interessen und Bedürfnisse des unternehmerischen Geschäftsverkehrs ausnahmsweise als angemessen angesehen werden (Bundesgerichtshof, Versäumnisurteil vom 19.09.2007, Aktenzeichen VIII ZR 141/06). Dies ist immer eine Frage des Einzelfalles.
Individuelle Vereinbarung
Wurde die Vereinbarung individuell getroffen, ist sie - abgesehen vom Ausschluss für Vorsatz - wirksam (Oberlandesgericht Frankfurt a.M., Urteil vom 27.08.2017, Aktenzeichen 15 U 7/12). Sie könnten also allenfalls bei Vorsatz des Verkäufers einen Anspruch auf Aufwendungsersatz haben. Denn eine Haftung für eigenen Vorsatz kann im Vorfeld nicht wirksam ausgeschlossen werden (§ 276 Abs.3 BGB). Eine solche Vereinbarung wird (im Gegensatz zur Situation bei einer AGB) dann mit dem Ziel ihrer Wirksamkeit so ausgelegt, dass ein Ausschluss für Vorsatz davon nicht umfasst ist. Wenn Sie vor Gericht behaupten, der Verkäufer habe den Mangel gekannt und vorsätzlich verschwiegen, so wird er dies gegebenenfalls bestreiten. In einem solchen Fall wäre es grundsätzlich Ihre Aufgabe, die Kenntnis und den Vorsatz des Verkäufers zu beweisen. Dies ist in aller Regel nicht einfach.
Vorsätzliche oder grob fahrlässige Pflichtverletzung
Sofern der Verkäufer mit Ihnen vereinbart hat, dass Ihre Gewährleistung ausgeschlossen oder begrenzt ist (auch) für sonstige Schäden, die auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Verkäufers oder einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung seiner gesetzlichen Vertreter oder Erfüllungsgehilfen beruhen, wird ebenfalls wie folgt unterschieden:
AGB
Wurde die Vereinbarung mittels AGB getroffen, kommt es auch hier für die Wirksamkeit dieser AGB darauf an, ob Sie den Kaufvertrag als Privatperson oder Unternehmer (§ 14 BGB) abgeschlossen haben.
Haben Sie den Kaufvertrag als Privatperson abgeschlossen, ist eine solche AGB des Verkäufers (wichtig: nicht aber automatisch auch die anderen AGBs) unwirksam (§ 309 Nr.7 b, § 307 Abs.2 Nr.1 i.V.m. § 276 Abs.3 BGB). Weil die drei oben genannten typischen Formulierungen Ihre Gewährleistung (auch) für solche sonstigen Schäden ausschließen, sind sie unwirksam, sofern sie als AGB vereinbart wurden! Obwohl es im Kaufvertrag anders geregelt ist, könnten Sie gegen den Verkäufer doch einen Anspruch auf Aufwendungsersatz haben! Auch hier gilt: Nicht alles, was schwarz auf weiß steht, ist immer richtig.
Haben Sie den Kaufvertrag als Unternehmer (§ 14 BGB) abgeschlossen, ist eine solche AGB des Verkäufers - mangels direkter Anwendbarkeit (§ 310 Abs.1 BGB) - zwar nicht direkt gemäß § 309 BGB unwirksam. Ihre Unwirksamkeit ergibt sich aber ebenfalls grundsätzlich aus §§ 310 Abs.1 S.2, 307 Abs.2 Nr.1 BGB, es sei denn, die AGB kann wegen der besonderen Interessen und Bedürfnisse des unternehmerischen Geschäftsverkehrs ausnahmsweise als angemessen angesehen werden (Bundesgerichtshof, Versäumnisurteil vom 19.09.2007, Aktenzeichen VIII ZR 141/06). Auch hier kommt es immer auf den Einzelfall drauf an.
Individuelle Vereinbarung
Wurde die Vereinbarung individuell getroffen, ist sie - abgesehen vom Ausschluss für Vorsatz - wirksam (Oberlandesgericht Frankfurt a.M., Urteil vom 27.08.2017, Aktenzeichen 15 U 7/12). Sie könnten also allenfalls bei Vorsatz des Verkäufers einen Anspruch auf Aufwendungsersatz haben. Denn eine Haftung für eigenen Vorsatz kann im Vorfeld nicht wirksam ausgeschlossen werden (§ 276 Abs.3 BGB). Eine solche Vereinbarung wird (im Gegensatz zur Situation bei einer AGB) dann mit dem Ziel ihrer Wirksamkeit so ausgelegt, dass ein Ausschluss für Vorsatz davon nicht umfasst ist. Wenn Sie vor Gericht behaupten, der Verkäufer habe den Mangel gekannt und vorsätzlich verschwiegen, so wird er dies gegebenenfalls bestreiten. In einem solchen Fall wäre es grundsätzlich Ihre Aufgabe, die Kenntnis und den Vorsatz des Verkäufers zu beweisen. Dies ist in aller Regel nicht einfach.
Neu hergestellter Kaufgegenstand
Sofern Sie einen neu hergestellten Kaufgegenstand kaufen, ist bei einer AGB zur Gewährleistung zudem insbesondere § 309 Nr.8 b) BGB bzw. § 310 Abs.1 S.1 BGB i.V.m. § 307 Abs.2 Nr.1 BGB zu beachten. Auch hieraus ergibt sich, wann eine solche AGB unwirksam sein kann.
Verbrauchsgüterkauf
Sofern Sie den Kaufgegenstand im Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufs gekauft haben, ist zudem die Verbraucherschutzvorschrift § 476 Abs.1, 3 BGB zu beachten. Kann sich der Verkäufer bei einem Verbrauchsgüterkauf - unter dem Gesichtspunkt "Verbraucherschutz" - auf einen Ausschluss Ihres Anspruchs auf Aufwendungsersatz berufen bzw. ist dieser wirksam? Genau dies bestimmt sich nach § 476 Abs.1, 3 BGB. Achtung! Auch wenn einem Ausschluss Ihres Anspruchs auf Aufwendungsersatz § 476 Abs.1, 3 BGB nicht entgegenstehen sollte, so heißt dies nicht, dass eine solche Regelung mit den anderen oben dargestellten Vorschriften des BGB (unabhängig vom Verbraucherschutzrecht) vereinbar ist. Denn das Verbraucherschutzrecht stellt einen Käufer selbstverständlich nicht schlechter als einen Käufer außerhalb des Verbrauchsgüterkaufs.
Ob § 476 Abs.1, 3 BGB einer solchen Regelung entgegensteht hängt davon, wann diese Regelung vereinbart wurde, was in der Regelung vereinbart ist und ob es sich bei der Regelung um eine AGB handelt bzw. diese individuell vereinbart wurde.
Wann muss eine solche Regelung vereinbart worden sein, damit dieser die Verbraucherschutzvorschrift nicht entgegensteht?
§ 476 Abs.1,3 BGB steht einer solchen Regelung - egal ob als AGB oder individuell vereinbart - dann nicht entgegen, wenn diese getroffen wurde, nachdem Sie den Verkäufer über den Mangel informierten bzw. Sie von ihm über den Mangel informiert wurden (zum Beispiel im Rahmen eines Vergleichs zwischen Ihnen und dem Verkäufer).
Was muss in einer solchen Regelung vereinbart sein, damit dieser die Verbraucherschutzvorschrift nicht entgegensteht?
Die Verbraucherschutzvorschrift (aber auch nur diese!) steht zum Beispiel folgender Regelung nicht entgegen:
"Ansprüche des Käufers auf Aufwendungsersatz sind ausgeschlossen."
"Ansprüche des Käufers auf Schadensersatz und Aufwendungsersatz sind ausgeschlossen."
Dies ergibt sich aus § 476 Abs.3 BGB. Denn § 476 Abs.3 BGB bestimmt, dass § 476 Abs.1 BGB nicht gilt für den Ausschluss des Anspruchs des Käufers auf Aufwendungsersatz (und Schadensersatz).
Mit welchem Inhalt wäre eine solche Regelung gegebenenfalls nicht vereinbar mit der Verbraucherschutzvorschrift?
Im Alltag enthalten Kaufverträge oftmals eine Regelung, wonach nicht nur die Ansprüche auf Aufwendungsersatz und Schadensersatz ausgeschlossen sind, sondern insbesondere auch Ansprüche auf eine Reparatur bzw. einen Ersatz sowie das Recht zum Rücktritt bzw. zur Minderung.
Beispiele für typische Formuliergen:
"Der Verkäufer und der Käufer vereinbaren, dass der Kaufgegenstand unter Ausschluss der Gewährleistung verkauft wird."
"Die Gewährleistung wird ausgeschlossen."
"Gekauft wie gesehen."
Was bei einem Verbrauchsgüterkauf für eine solche Regelung gilt, entscheidet sich danach, ob es sich dabei um eine AGB handelt oder nicht.
AGB
Sofern es sich bei einer solchen Regelung um eine AGB handelt, ist sie in der Regel insgesamt gemäß § 476 Abs.1, 3 BGB unwirksam (wichtig: nicht aber automatisch auch die anderen AGBs). Der Verkäufer hat dann schon aus diesem Grund seine rechtliche Gestaltungsmöglichkeit, Ihren Anspruch auf Aufwendungsersatz im Kaufvertrag wirksam auszuschließen, nicht genutzt.
Individuelle Vereinbarung
Sofern die Regelung individuell vereinbart wurde, ist unter Juristen streitig, ob sich der Verkäufer insgesamt wegen § 476 Abs.1, 3 BGB nicht darauf berufen kann (gut für Sie) oder ob er sich doch bezüglich Ihres Anspruchs auf Aufwendungsersatz (aber auch nur diesbezüglich) auf sie berufen kann (schlecht für Sie). Diese Frage ist bisher höchstrichterlich nicht geklärt!
Gesetzlicher Ausschluss
Es gibt einige Vorschriften, wonach Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz gesetzlich ausgeschlossen sein kann.
Kenntnis vom Mangel
Zum Beispiel ist Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz für jeden Mangel, den Sie bei Abschluss des Kaufvertrages wirklich kannten, gemäß § 442 Abs.1 S.1 BGB ausgeschlossen.
Allgemeines
Dies gilt auch dann, wenn der Verkäufer den Mangel Ihnen gegenüber arglistig verschwiegen oder eine anderslautende Garantie gegeben hat. Sofern der Verkäufer in einem Gerichtsverfahren behauptet, Sie hätten den Mangel bei Abschluss des Kaufvertrages gekannt und Sie dies bestreiten, so wäre es grundsätzlich die Aufgabe des Verkäufers, seine Behauptung zu beweisen. Selbstverständlich sollten Sie auch vor Gericht nicht vorsätzlich die Unwahrheit sagen. Denn ansonsten machen Sie sich gegebenenfalls strafbar wegen Prozessbetrugs gemäß § 263 StGB (und zwar dann, wenn Sie wegen der Lüge vor Gericht gewinnen) oder wegen versuchten Prozessbetrugs gemäß §§ 263, 22, 23 StGB (und zwar dann, wenn Sie zwar gelogen haben, um vor Gericht zu gewinnen, der Richter dies aber bemerkte und Sie vor Gericht verlieren).
Selbstverständlich ist Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz für einen anderen Mangel, den Sie nicht kannten, nicht gemäß § 442 Abs.1 S.1 BGB ausgeschlossen.
Welche Beispiele gibt es?
Beispiel: Es gibt nur einen Mangel
Sie haben vom Verkäufer ein gebrauchtes KFZ gekauft. Bevor Sie den Kaufvertrag unterschreiben, haben Sie bemerkt, dass das Dach des KFZ einen Hagelschaden hat. Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz wegen des beschädigten Daches ist gemäß § 442 Abs.1 S.1 BGB ausgeschlossen. Denn vor Abschluss des Kaufvertrages kannten Sie diesen Mangel.
Beispiel: Es gibt mehrere Mängel
Sie haben vom Verkäufer ein gebrauchtes KFZ gekauft. Bevor Sie den Kaufvertrag unterschreiben, haben Sie bemerkt, dass das Dach des KFZ einen Hagelschaden hat. Nicht bemerkt haben Sie, dass ein Scheinwerferlicht defekt ist. Im Hinblick auf das beschädigte Dach ist Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz gemäß § 442 Abs.1 S.1 BGB ausgeschlossen. Denn vor Abschluss des Kaufvertrages kannten Sie diesen Mangel. Im Hinblick auf den defekten Scheinwerfer ist Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz nicht gemäß § 442 Abs.1 S.1 BGB ausgeschlossen. Denn vor Abschluss des Kaufvertrages kannten Sie diesen Mangel nicht.
Grob fahrlässige Unkenntnis
Ein weiteres Beispiel dafür, wann Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz gesetzlich ausgeschlossen sein kann, ergibt sich aus § 442 Abs.1 S.2 BGB.
Allgemeines
Nach § 442 Abs.1 S.2 BGB ist Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz für jeden Mangel, den Sie infolge grober Fahrlässigkeit nicht bemerkt haben vor Abschluss des Kaufvertrages, grundsätzlich ausgeschlossen. Falls Sie den Mangel nur einfach fahrlässig nicht bemerkt haben, ist Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz jedoch nicht gemäß § 442 Abs.1 S.2 BGB ausgeschlossen. Grobe Fahrlässigkeit liegt dann vor, wenn - salopp formuliert - jedem Depp der Mangel hätte auffallen müssen. In aller Regel ist es nicht Ihre Aufgabe, den Kaufgegenstand vor Abschluss des Kaufvertrages auf Mängel zu untersuchen. Sofern jedoch konkrete Anhaltspunkte für Sie vorliegen, wonach der Kaufgegenstand einen Mangel haben könnte, wäre es Ihre Aufgabe, etwas genauer hinzuschauen bzw. beim Verkäufer nachzufragen, um eine grobe Fahrlässigkeit zu verhindern. Ob grobe Fahrlässigkeit oder nur einfache Fahrlässigkeit vorliegt, hängt immer von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles ab. Sofern der Verkäufer in einem Gerichtsverfahren behauptet, Sie hätten den Mangel in Folge grober Fahrlässigkeit nicht bemerkt und Sie dies bestreiten, so wäre es grundsätzlich die Aufgabe des Verkäufers, seine Behauptung zu beweisen.
Auch wenn Sie den Mangel infolge grober Fahrlässigkeit nicht bemerkt haben vor Abschluss des Kaufvertrages, ist Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz ausnahmsweise dann nicht gemäß § 442 Abs.1 S.2 BGB ausgeschlossen, wenn der Verkäufer den Mangel Ihnen gegenüber arglistig verschwiegen oder diesbezüglich eine anderslautende Garantie gegeben hat. Sofern Sie in einem Gerichtsverfahren behaupten, der Verkäufer habe den Mangel Ihnen gegenüber arglistig verschwiegen oder eine anderslautende Garantie gegeben und er dies bestreitet, so wäre es grundsätzlich Ihre Aufgabe, dies zu beweisen.
Welche Beispiele gibt es?
Beispiel: Keine Arglist des Verkäufers; keine anderslautende Garantie durch den Verkäufer
Sie haben vom Verkäufer ein gebrauchtes KFZ gekauft. Um das KFZ herum und darunter gibt es einen etwa 2,50 x 2,50 Meter großen Ölfleck. Grund dafür ist ein Riss in der Ölwanne, durch den eine erhebliche Menge Öl ausgelaufen ist. Bevor Sie den Kaufvertrag unterschreiben, bemerken Sie im Gegensatz zum Verkäufer, der von dem Mangel nichts weiß, den Ölfleck. Nichtsdestotrotz schauen Sie nicht genauer hin, ob mit dem KFZ alles in Ordnung ist. Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz ist gemäß § 442 Abs.1 S.2 BGB ausgeschlossen. Denn vor Abschluss des Kaufvertrages hätte Ihnen auffallen müssen, dass die Ölwanne beschädigt ist.
Beispiel: Arglist des Verkäufers
Sie haben vom Verkäufer ein gebrauchtes KFZ gekauft. Um das KFZ und darunter gibt es einen etwa 2,50 x 2,50 Meter großen Ölfleck. Grund dafür ist ein Riss in der Ölwanne, durch den eine erhebliche Menge Öl ausgelaufen ist. Bevor Sie den Kaufvertrag unterschreiben, bemerken Sie zwar den Ölfleck. Sie hoffen, dass der Ölfleck nicht vom KFZ stammt und das KFZ keinen Mangel hat, machen Sie sich aber keine weitergehenden Gedanken und fragen beim Verkäufer auch nicht nach. Der Verkäufer weiß ganz genau, dass die Ölwanne einen Riss hat. Um das KFZ aber dennoch ohne Preisnachlass verkaufen zu können, verschweigt der Verkäufer dies Ihnen gegenüber ganz bewusst. Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz ist ausnahmsweise nicht gemäß § 442 Abs.1 S.2 BGB ausgeschlossen. Zwar hätte Ihnen vor Abschluss des Kaufvertrages auffallen müssen, dass das KFZ Öl verliert und insofern mangelhaft ist. Der Verkäufer hat die defekte Ölwanne Ihnen gegenüber aber arglistig verschwiegen.
Voraussetzung Nr. 7: Verkäufer beruft sich nicht zu Recht auf Verjährung
Zudem ist es erforderlich, dass sich der Verkäufer nicht zu Recht auf die Verjährung Ihres Anspruchs auf Aufwendungsersatz tatsächlich beruft.
Folgen der Verjährung
Falls Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz verjährt ist, hat der Verkäufer die Möglichkeit, die Zahlung von Aufwendungsersatz schon aus diesem Grund abzulehnen, § 214 Abs.1 BGB. Sofern sich der Verkäufer zu Recht auf die Verjährung beruft, würden Sie vor Gericht verlieren. Um sich auf die Verjährung zu berufen, braucht der Verkäufer das Wort "Verjährung" nicht benutzen. Es reicht aus, wenn er zum Beispiel erklärt, dass "alles schon zu lange her ist". Selbstverständlich kann der Verkäufer trotz Verjährung dennoch Aufwendungsersatz leisten. Dies tut er dann entweder aus Kulanz oder weil er nicht weiß, dass er dies ablehnen darf.
Aufwendungsersatz trotz Verjährung
Falls der Verkäufer später bemerkt, dass er die Zahlung von Aufwendungsersatz hätte ablehnen dürfen, hat er Pech gehabt. Denn gemäß § 214 Abs.2 S.1 BGB kann das zur Befriedigung eines verjährten Anspruchs Geleistete nicht zurückgefordert werden. Sie brauchen den erhaltenen Aufwendungersatz also nicht zurückzahlen.
Verjährungsfrist
Wann Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz verjährt, ergibt sich aus § 438 BGB.
Häufigster Fall im Alltag: 2 Jahre
Der häufigste Fall im Alltag ist, dass Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz 2 Jahre, nachdem Sie den Kaufgegenstand erhalten haben, verjährt ist, § 438 Abs.1 Nr.3, Abs.2, 2. Alt. i.V.m. §§ 187 Abs.1, 188 Abs.2, 1. Alt. BGB.
Beispiel: Am 22.02.2019 erhalten Sie vom Verkäufer das gekaufte KFZ, welches schon dann einen Mangel hat. Falls alle Voraussetzungen für Ihren Anspruch auf Aufwendungsersatz vorliegen, ist dieser grundsätzlich ab dem 23.02.2021 (0:00 Uhr) verjährt.
Beispiele länger als 2 Jahre
Insbesondere abhängig davon, welchen Kaufgegenstand Sie gekauft haben, welchen Mangel der Kaufgegenstand hat und ob der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat, dauert es gegebenenfalls länger als 2 Jahre, bevor Ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz verjährt ist.
Beispiel: Arglistiges Verschweigen des Mangels
Am 22.02.2019 erhalten Sie vom Verkäufer das gekaufte Motorrad, welches schon dann einen Mangel hat. Dies weiß der Verkäufer im Gegensatz zu Ihnen ganz genau und verschweigt dies Ihnen gegenüber absichtlich, damit Sie beim Kaufpreis nicht weiterverhandeln. Vom Mangel erfahren Sie erst am 14.07.2019. Falls Sie für das Motorrad extra ein Motorradradio gekauft haben und falls alle Voraussetzungen für Ihren Anspruch auf Aufwendungsersatz vorliegen, ist dieser grundsätzlich ab dem 01.01.2023 (0:00 Uhr) verjährt, § 438 Abs.3 S.1 i.V.m. §§ 195, 199 Abs.1 BGB. Die Verjährungsfrist beträgt hier 3 Jahre, da der Verkäufer den Mangel Ihnen gegenüber arglistig verschwiegen hat. Die Verjährungsfrist beginnt hier erst mit dem Ablauf des 31.12.2019 (24 Uhr) und endet mit Ablauf des 31.12.2022 (24:00 Uhr).
Beispiel: Bauwerk
Am 21.03.2019 wird Ihnen die gekaufte Photovoltaik-Anlage, welche Sie auf dem Dach selbst anbringen möchten, geliefert. Dass die Photovoltaikanlage schon in diesem Zeitpunkt einen Mangel hat, ist weder Ihnen noch dem Verkäufer bekannt. Erst etwa 4 Jahre später fällt Ihnen der Mangel auf. Ihr etwaiger Anspruch auf Aufwendungsersatz zum Beispiel für einen extra angeschafften Stromspeicher ist grundsätzlich noch nicht verjährt. Die Verjährungsfrist beträgt gemäß § 438 Abs.1 Nr.2 a) BGB fünf Jahre (Bundesgerichtshof, Urteil vom 02.06.2016, Aktenzeichen: VII ZR 348/13). Ihr etwaiger Anspruch auf Aufwendungsersatz ist erst ab dem 22.03.2024 (0:00 Uhr) verjährt, § 438 Abs.2, 2. Alt. BGB i.V.m. §§ 187 Abs.1, 188 Abs.2, 1. Alt. BGB.
Aussetzung oder Neubeginn der Verjährung
Wichtig zu wissen ist, dass es verschiedene Vorschriften gibt, wonach die Verjährung Ihres Anspruchs auf Aufwendungsersatz gegebenenfalls für einen gewissen Zeitraum ausgesetzt wird oder sogar komplett neu beginnt.
Unter welchen Voraussetzungen die Verjährung bezüglich eines Mangels ausgesetzt wird, ergibt sich insbesondere aus § 203 BGB (Verhandlungen zwischen Ihnen und dem Verkäufer über Ihren Anspruch auf Aufwendungsersatz) und § 204 BGB (zum Beispiel Nr.1: Sie verklagen den Verkäufer auf Aufwendungsersatz).
Gemäß § 212 Abs.1 Nr.1 BGB beginnt die Verjährung bezüglich eines Mangels sogar komplett neu zu laufen bei einem Anerkenntnis durch den Verkäufer Ihnen gegenüber bezüglich seiner Pflicht zur Zahlung von Aufwendungsersatz. Wichtig: Die Verjährung beginnt aber dann nicht neu zu laufen, wenn Ihr Anspruch bereits verjährt war, als der Verkäufer Ihren Anspruch anerkannte.
Verkürzung oder Verlängerung der Verjährungsfrist
Innerhalb bestimmter Grenzen kann die Verjährungsfrist durch individuelle Vereinbarung oder mittels AGB verkürzt (schlecht für Sie) oder verlängert (gut für Sie) werden.
Beispiel: Mittels AGB kann die Verjährungsfrist beim Verkauf eines neuen Kaufgegenstandes gegebenenfalls auf 1 Jahr verkürzt werden, § 309 Nr.8 b) ff) BGB.
Sofern Sie den Kaufgegenstand im Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufs gekauft haben, ist § 476 Abs.2 und Abs.3 BGB zu beachten.
Erfolg bei Gericht trotz Verjährung
Wenn Sie den Verkäufer auf die Zahlung von Aufwendungsersatz verklagen, obwohl Ihr Anspruch bereits verjährt ist, würden Sie dennoch vor Gericht gewinnen, wenn sich der Verkäufer nicht tatsächlich auf die Verjährung beruft. Denn dann darf das Gericht bei seiner Entscheidung die Verjährung nicht berücksichtigen. Das Gericht darf den Verkäufer wegen seiner Neutralitätspflicht auch nicht auf die Verjährung aufmerksam machen.
Ob Sie einen Anspruch auf Schadensersatz gegen den Verkäufer haben ist ungewiss.
Fallgruppen zurücksetzen & diese erneut prüfen!Sie haben gute Chancen vor Gericht zu gewinnen! 😊
Ob Sie einen Anspruch auf Schadensersatz gegen den Verkäufer haben ist ungewiss.
Leider haben Sie keinen Anspruch auf Schadensersatz gegen den Verkäufer!
Der passende Download je Fallgruppe:
Enthalten im Paket für die Fallgruppe 1 von 3:
Enthalten im Paket für die Fallgruppe 2 von 3:
Enthalten im Paket für die Fallgruppe 3 von 3: